Die „Northern Love“-Reihe von Julie Birkland gehörte zu meinen Lesehighlights 2020/2021 (hier findet Ihr meine Rezensionen zu Teil 1 – a.k.a. „der Band mit dem eigensinnigen Arzt“, Teil 2 – a.k.a. „der Teil mit dem superheißen Arzt“ und Teil 3 – a.k.a. „der Band mit dem geheimnisvoll, attraktiven Handballer“). Als ich entdeckt habe, dass von Julie – unter einem anderen Namen – in 2023 ein neues Buch erscheinen wird, stand für mich fest, dass ich „Wie Papierschiffchen im Fluss“ unbedingt lesen möchte. Umso schöner, dass ich bei ihrer Leserunde auf Instagram dabei sein durfte.
Das Buch wurde mir vom Verlag kosten- und bedingungslos zur Verfügung gestellt.
Was wäre wenn?
Eigentlich hat Enddreißigerin Janna alles erreicht, von was sie in ihrer Jugend geträumt hat: Heirat, zwei Kinder, ein Traumhaus und ein florierendes Architekturbüro, das sie gemeinsam mit ihrem Ehemann leitet. Doch tief drinnen ist Janna schon lange unzufrieden. In der Ehe mit Simon fühlt sie sich ungesehen und im Job rauben ihr die administrativen Aufgaben jeglichen Raum für Kreativität. Als sie unerwartet Maris, ihrer einst großen und schmerzhaft gescheiterten Liebe gegenübersteht, beginnt es in Jannas Kopf zu rattern: Wie wäre ihr Leben verlaufen, hätte sie damals eine andere Abzweigung genommen?
So viel mehr als „nur“ Romance
Wow, was für ein emotionaler Ritt. „Wie Papierschiffchen im Fluss“ ist so viel mehr als ein weiterer Liebesroman oder noch eine Romanze. Es fällt mir schwer, die richtigen Worte für dieses Buch zu finden. Das beginnt schon damit, dass es nicht in die gängigen Subgenres wie „New Adult“ oder in die auf BookTok beliebten „Tropes“ wie beispielsweise „friends to lovers“ passt. Wobei – bei Letzterem muss ich mich korrigieren, denn „Second Chance Romance“ ist ein durchaus passendes Label für diese Geschichte. Denn ja, es geht um eine vergangene Liebe. Aber eben auch um so viel mehr.
Erwachsen & nicht vorhersehbar
Mit Janna hat „Wie Papierschiffchen im Fluss“ eine erwachsene und reife Protagonistin, der man ohne weiteres den Stempel „eine Frau, die mitten im Leben steht“ aufdrücken könnte. Trotzdem löst die Wiederbegegnung mit Maris einen emotionalen Wirbelsturm in ihr aus. Daran hat mir gefallen, dass alles, was Janna (und auch die anderen Charaktere) tut, nachvollziehbar ist. Für mich einer der größten Pluspunkte des Buches: die Charakterentwicklung.
Daneben mochte ich sehr, dass ich quasi bis zur letzten Seite nur ahnen konnte, wie die Geschichte enden wird. Das hat – genau wie die immer wieder eingewobenen Rückblicke in die Vergangenheit von Janna & Maris – zur besonderen Sogwirkung von „Wie Papierschiffchen im Fluss“ beigetragen.
Geeignet für…?
„Wie Papierschiffchen im Fluss“ mag nicht in die aktuell auf Social Media gehypten Buchtrends passen, denn dazu sind sowohl die Charaktere als auch die Themen zu erwachsen, zu sehr „Lebensmitte“ und zu wenig „Findungsphase nach der Schule“. Trotzdem hoffe ich von ganzem Herzen, dass die Geschichte das Publikum finden wird, das sie verdient. Denn sie kann Menschen, die in einem ähnlichen Alter wie Janna sind, zeigen, dass sie nicht allein sind und dass es immer die Möglichkeit gibt, noch einmal anders abzubiegen. Aber auch jüngere Leser*innen sollten nicht davor zurückschrecken, zu einem Buch mit einer älteren Protagonistin zu greifen. Denn wer sagt denn, dass nur auf mein Alter zugeschnittene Geschichten mir etwas geben können? (Ich kann das beurteilen, schließlich habe ich mich schon als Kind am Bücherregal meiner Mutter bedient und Romane von Uta Danella gelesen 😉 ).
Fazit
Lest dieses Buch. Es ist emotional, mitreißend, toll geschrieben und hat eine Botschaft. Mehr kann ich von einem Buch nicht erwarten.
Hallo liebe Steffi,
du hast mich mit dieser Rezension wirklich sehr neugierig gemacht. Ich würde dieses Buch anhand deiner Worte auch eher zu der „Erwachsenenliteratur“ zählen, eben weil die Protagonistin auch älter ist und sich nicht mehr mit der ersten Liebe sondern mit Problemen, die einen oft eher im späteren Lebensalter erwarten, auseinandersetzen muss.
Ich denke, dass sehr viele Menschen sich, ähnlich wie Janna früher oder später in einer Midlife-Crisis befinden. Kinder kriegen, ein Haus kaufen, heiraten und vielleicht noch einen Hund anschaffen. Das sind die Ziele, die oft für das große Glück und das perfekte Leben stehen. Ich finde das Thema, das die Autorin in deinem Buch aufgreift, nämlich, dass dieses Schema eben nicht immer funktionieren muss, sehr interessant und wichtig. Denn hat man all diese Ziele erreicht und ist man letztlich nicht glücklich, fragt man sich doch zwangsläufig warum. Auch das Umfeld wird diese Frage stellen: Du hast doch alles, was willst du noch mehr? Aber das Empfinden von Glück lässt sich eben auch nicht so einfach herunterbrechen.
Auch die Angst, dass man im Alter eben nicht mehr einen anderen Weg einschlagen kann, – dass das, was man sich mit Mühe aufgebaut hat, dann zerbrechen und das erarbeitete „Glück“ somit auch schnell in eine unvorhersehbare Katastrophe ausarten kann, finde ich sehr nachvollziehbar.
Ich verstehe sehr gut, warum du dieses Buch gemocht hast und hier auch weiterempfiehlst. Ich danke dir für diese interessante Buchvorstellung.
Ganz liebe Grüße
Tanja :o)
Autor
Hallo Tanja,
vielen Dank für Deinen langen und „intensiven“ Kommentar.
Ich denke auch, dass es in vielen Leben zu „Wendepunkten“ kommt, an denen man am liebsten noch einmal neuanfangen und alles umschmeißen möchte. Was mich in einem solchen Fall ängstigen würde, wäre das Gefühl der Ausweglosigkeit. Klar, meist gibt es doch eine Lösung, aber wenn wie in dem Buch Kinder dranhängen, ist das eben alles nicht so einfach.
Andererseits bringt es auch nichts, wenn man einfach in einer nicht zufriedenstellenden Situation bleibt. Gerade in der Generation unserer Eltern fallen mir da so einige Ehen ein, wo ich mich frage, warum die Frauen nie gegangen sind…
Die „Papierschiffchen“ haben all diese Gefühle auf alle Fälle super gut eingefangen. Ein bisschen schade ist, dass der Verlag so wenig Geld/Mühe ins Marketing gesteckt hat. So liegt das Buch nur in wenigen Buchhandlungen aus. Gerade bei so „erwachsenen“ Büchern, bei denen das Hauptklientel eben nicht die typischen Bookstagrammer und TikToker sind, ist der klassische Handel immer noch ein wichtiger Vertriebsweg und eben auch der Weg zu mehr Sichtbarkeit.
Viele Grüße
Steffi