Von Eva Reisinger habe ich bereits das 2021 erschienene Sachbuch „Was geht, Österreich?“ gelesen. Da ich die dort versammelten Anekdoten zu ihrer „Landjugend mit Wodkabull und dem Herrgott“ sehr mochte, stand für mich fest, dass ich auch ihren ersten Roman „Männer töten“ unbedingt lesen möchte.
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Kleine, österreichische Utopie…
Anna Maria hat die beengte österreichische Heimat nach der Matura verlassen und lebt mittlerweile in Berlin ein typisches „Hipster-Leben“. Doch dann lernt sie in einer wilden Feiernacht Hannes kennen. Der stammt ebenfalls aus Österreich und nimmt Anna Maria – die gerade eh nicht mehr sonderlich viel in Berlin hält – mit in sein oberösterreichisches Heimatdort Engelhartskirchen. Wider Erwarten fühlt sich Anna Maria dort sehr wohl. Wobei ihr einige Dinge komisch, ja nahezu „utopisch“ vorkommen. Denn warum verschwinden hier regelmäßig Männer spurlos? Und warum hat Engelhartskirchen ein toughe, katholische (!) PfarrerIN?
Eindeutig, zweideutiger Titel
Allein den Titel dieses einzigartigen Romans finde ich grandios. Denn er kann zwei Dinge bedeuten. Entweder, dass Männer getötet werden oder dass Männer selbst töten. Letzteres soll in Österreich, dem Land der Frauenmörder und merkwürdigen Keller, ja durchaus vorkommen…
Die Geschichte selbst ist wahnsinnig intensiv, mitreißend und erinnert an manchen Stellen an einen Fiebertraum.
Eindrücklich
Besonders im Gedächtnis bleiben wird mir vor allem eines: wie eindrücklich Eva Reisinger Situationen sexuellen Missbrauchs aus der Sicht des Opfers schildert. Ich konnte beim Lesen die ganze Zeit nur eines denken: „Hoffentlich hat sie das selbst nicht erlebt, hoffentlich hat sie das selbst nicht erlebt…“ Obwohl ich mir gleichzeitig nicht vorstellen kann, dass jemand so eine Situation so plastisch schildern kann, ohne selbst durch diese Hölle gegangen zu sein.
„Männer töten“ ist folglich keine leichte Kost und trotzdem bin ich wegen Eva Reisingers Schreibstil und der Kürze der Geschichte durch die Seiten geflogen. Außerdem gelingt es Eva Reisinger auf unnachahmliche Weise trotz aller Schwere, auch witzige und leichte Momente einzubauen. Es ist also keinesfalls ein Buch, das einen beim Lesen gänzlich deprimiert.
Fazit
Ich empfehle „Männer töten“ allen, die sich auf eine feministische, utopische, wilde Geschichte einlassen möchten und keine Angst vor ernsten und traurig machenden Themen haben. Und die bereit sind, zu erkennen, dass Österreich mehr ist als Après Ski, hohe Berge und Dirndl.