|Leseliebe| „Enid Blyton“ von Maria Regina Kaiser

Eine meiner liebsten Kindheitserinnerungen sind ausgedehnte Lesestunden – insbesondere in den Ferien. Jeder Ausflug in die Stadtbibliothek von Schwäbisch Hall (damals noch direkt neben dem Jugendgefängnis belegen) zu Beginn der Ferienzeit war ein echtes Highlight. Ich habe mich stapelweise mit Büchern eingedeckt und war im Anschluss das liebste und unkomplizierteste Ferienkind, das man sich vorstellen kann. So wurde Enid Blyton zu einer Lieblingsautorin von mir. Entsprechend begeistert war ich, als ich entdeckt habe, dass es mit „Enid Blyton – Geheimnis hinter grünen Hecken“ von Maria Regina Kaiser eine neue Biografie über sie gibt.

Werbung: das Rezensionsexemplar wurde mir von netgalley kosten- und bedingungslos zur Verfügung gestellt.

 

Enid Blyton_Geheimnis hinter grünen Hecken_Maria Regina Kaiser

 

Ein neues Subgenre: die Romanbiografie

Der wichtigste Fakt vorneweg: Bei „Enid Blyton – Geheimnis hinter grünen Hecken“ handelt es sich um eine Romanbiografie. Das bedeutet, dass ihr Leben anhand einzelner „Spielszenen“ nacherzählt wird. Der größte Unterschied zu einer herkömmlichen Biografie ist, dass diese Romanbiografie auch auflockernde Elemente wie z.B. Dialoge enthält. Trotzdem ist die Handlung nicht frei erfunden sondern beruht auf Informationen, die aus dem Leben von Endid Blyton z.B von Zeitzeug*innen oder durch Zeitungsartikel überliefert wurden.

 

Ein Leben wie ein Roman

Ähnlich wie über die Familie von Thomas Mann kann man auch über Enid Blyton mit Fug und Recht behaupten, dass ihr Leben Stoff für einen umfangreichen Roman geboten hätte. Ihr gesamtes Leben verläuft turbulent und sie scheint ein vielschichtiger Charakter gewesen zu sein. Schriftstellerisch wahnsinnig produktiv, privat impulsiv und eigensinnig. Trotzdem aber für die gute Sache wie z.B. Kinder in Armut engagiert.

 

Was ist wahr und was ist „ausgeschmückt“?

Durch „Enid Blyton – Geheimnis hinter grünen Hecken“ habe ich all diese Seiten anhand kurzer Kapitel kennengelernt. Das Buch liest sich wahnsinnig leicht, da es eben keine Aneinanderreihung historischer Fakten sondern eine lebendige Erzählung ist. Gleichzeitig ist das auch ein bisschen die Schwäche des Buches, denn trotz des umfangreichen Anhangs mit Quellen etc. war ich mir nie 100% sicher, was denn nun der Realität entspricht und was durch Maria Regina Kaiser „ausgeschmückt“ worden ist – und sei es nur, um z.B. einen inneren Monolog von Enid Blyton darzustellen.

 

Der Lerneffekt

Trotzdem habe ich eine Menge über Enid Blyton und ihr Werk erfahren. Vor allem ihr Privatleben mit einer hässlichen Scheidung (die sie selbst aus ihrer eigenen Biografie komplett ausradiert hat), dem Bruch mit ihrer Mutter und bisexuellen Tendenzen hat mich fasziniert. Das gleiche gilt für das „typisch Britische“ – wie z.B. die weltbekannte „Stiff Upper Lip“ – das ihr Leben geprägt hat.

 

Fazit

Für mich war „Enid Blyton – Geheimnis hinter grünen Hecken“ der perfekte Einstieg, um mich intensiver mit dem Leben dieser weltbekannten Jugendbuchautorin zu beschäftigen. Deshalb empfehle ich das Buch auch all jenen, die bislang wenig Erfahrung mit Biografien gesammelt haben oder sich nicht an dieses Genre herantrauen.

Gleichzeitig wünsche ich mir, dass es irgendwann ein ähnlich umfassendes Werk zu Enid Blyton geben wird wie das grandiose „Zum Donnerdrummel“ über Astrid Lindgren. Auch über eine überarbeitete Neuauflage der vielen Geschichten aus der Feder von Enid Blyton würde ich mich sehr freuen.

Denn das war einer der größten Aha-Effekte der Biografie: nicht nur, dass diverse Bücher in Deutschland von heimischen Autorinnen fortgesetzt wurden, auch die Übersetzung der vorhandenen Originale wurde mehr als frei interpretiert und hat teilweise zu komplett neuen Geschichten geführt. Es ist an der Zeit, das aufzuarbeiten und die „echten“ Geschichten ans Tageslicht zu befördern.

 

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