Freitag – Die Geister die ich rief…
Für diesen Tag stand ein weiterer Ausflug auf dem Plan. Zum knapp eine Stunde entfernten „Pragser Wildsee“ sollte es gehen.
Pragser Wildsee
Wenn es eine Location in Südtirol gibt, die das Prädikat „Instagram Hotspot“ verdient hat, dann ist es der Pragser Wildsee. Genau deshalb ist dieser wunderschöne Bergsee auch mahnendes Beispiel dafür, was dieser Status anrichten kann.
Eingangs sei erwähnt, dass ich den Pragser Wildsee im Sommer 2012 zum ersten Mal besucht habe. Vor dem großen Hype. Und bereits damals war recht viel los. Denn der Pragser Wildsee hat einen großen Vorteil gegenüber den meisten Bergseen: er ist total einfach zu erreichen. Man kann mit dem Auto quasi direkt neben dem See halten und diesen mit wenig Steigung und auf zum Großteil befestigten Pfaden auch als wenig geübter Wanderer gut umrunden. Deshalb waren damals vornehmlich italienische Familien unterwegs. Und ein italienisches Filmteam hat Aufnahmen gemacht. Wir hatten keine Ahnung für was für ein Projekt, aber unsere Neugier war geweckt.
Die Lösung wurde uns ein Jahr später von einer italienischen Freundin präsentiert. Uns waren die Filmaufnahmen wieder eingefallen, und wir haben sie danach gefragt. ‚Ach, da gibt es so eine italienische Fernsehserie mit einem bekannten, alten Schauspieler. Der spielt einen Ranger…‘ Damals haben wir noch nicht geahnt, dass diese italienische Serie Jahre später auch im Bayrischen Fernsehen auftauchen sollte („Die Bergpolizei – Ganz nah am Himmel“ mit Terence Hill). Mittlerweile trägt diese Fernsehserie ebenfalls in nicht unerheblichem Maße zum Hype um den Pragser Wildsee bei. Während Instagram junge Leute an den Pragser Wildsee spült (die unbedingt diesen einen Shot am Bootshaus machen möchten), will die Generation 60+ gerne sehen, wo die Pferde von Terence Hill in der Serie untergebracht sind. Wir haben eine verzückte Rentnerin beobachtet, die sich von ihrem Mann vor dem Terence-Hill-Plakat fotografieren ließ.
Wir hatten bei unserem Ausflug zum Pragser Wildsee zwei unschlagbare Vorteile: es war Nebensaison und wir waren frühmorgens dort. Im Sommer kann ich keinem raten, dorthin zu fahren. Denn mittlerweile liegt an einem Sommertag der tägliche Ansturm bei 10.000 (!) Besuchern. Von denen manch einer nur kommt, um ein paar Fotos zu machen, und dann sofort wieder zu verschwinden. Das hat solche Ausmaße angenommen, dass die Einheimischen nicht mehr in ihr Tal hinein- oder aus ihm herauskommen, weil die Touristen die Straße verstopfen. Als Ausweg wurde das Anfahren per Auto verboten und ein Busshuttle eingerichtet. An der Bushaltestelle bilden sich jedoch ebenfalls unendliche Schlangen.
Aus dem Grund habe ich diesen Absatz auch mit „die Geister, die ich rief“ überschrieben. Einerseits ist allen klar, dass es so nicht weitergehen kann. Andererseits wird am Bootshaus noch immer damit geworben, dass man sein Foto unbedingt auf Instagram teilen soll. Einerseits will man Geld verdienen. Andererseits muss jedem klar sein, dass zu viele Besucher dieses Naturjuwel über kurz oder lang zerstören werden.
Meine Konsequenz lautet, dass ich im Sommer vorerst nicht an den Pragser Wildsee zurückkehren werde. Frühmorgens in der Nebensaison habe ich die Ruhe und die schillernden, herbstlichen Farben sehr genossen. Es war wunderschön und beeindruckend. Und auch ein kleines bisschen amüsant, vereinzelte Asiaten in roten Gucci-Slippern zu beobachten, wie sie DAS Foto in den Booten ergattern wollten.
Außerdem würde ich mir wünschen, dass die Besucher sich nicht nur das Bootshaus und die Infoplakate zur „Bergpolizei“ anschauen. Sondern auch die Tafel, die daran erinnert, welche Rolle das Hotel am Pragser Wildsee gegen Ende des Zweiten Weltkriegs gespielt hat.
Antholzer See
Da im Anschluss noch genügend Zeit für ein weiteres Ziel übrig war, haben wir uns spontan entschlossen, ins Antholzer Tal zu fahren.
Ähnlich wie z.B. die Weltcup-Abfahrt in Gröden ist es auch hier gar nicht so leicht, das Biathlonstadion von Antholz zu finden. Denn es gibt keine Ortschaft, die Antholz heißt. Nur ein komplettes Tal mit mehreren kleinen Ortschaften. Mittlerweile wissen wir, dass es einen guten Anhaltspunkt gibt, denn die Biathlonstrecke befindet sich direkt neben dem Antholzer See. Wenn man den ins Navi eingibt, landet man automatisch auch am Biathlonstadion.
Der Antholzer See ist wunderschön. Vielleicht nicht ganz so beeindruckend wie der Pragser Wildsee aber deshalb eben auch nicht ganz so überlaufen. Deshalb kann der Antholzer See, denke ich, im Sommer eine gute Alternative zum Pragser Wildsee sein. Wobei man im Sommer trotzdem keine himmlische Ruhe erwarten sollte, denn der Antholzer See hat bei hohen Temperaturen einen Vorteil gegenüber dem Pragser Wildsee, der ebenfalls Besucher anziehen dürfte: man kann im Antholzer See baden.
Wir waren am Antholzer See in der Nebensaison beinahe alleine unterwegs. Das hat mindestens genauso zur Faszination beigetragen wie die erneut wunderschönen, herbstlich gelben Bäume, die sich im See gespiegelt haben.
Saunaerlebnis
Zurück im Hotel war es in der Sauna leider mit der Ruhe vorbei. Denn zum ersten Mal waren dort zwei Pärchen zu Gast, die große Mühe zu haben schienen, sich leise (also z.B. im Ruheraum lesend) zu beschäftigen. A-N-S-T-R-E-N-G-E-N-D. Menschen, die sich nicht mit sich selbst beschäftigen können, immer reden, immer Action haben müssen, werde ich sowieso nie verstehen.
Heute war ein Saunameister zu Gast, der Aufgüsse gemacht hat. Inklusive wedelnder „Handtuch-Choreografie“ (bei der ich das Handtuch an den Kopf bekommen habe. Hat mich nicht verwundert, ich bin auch immer die erste, die bei einem Fußballspiel oder im Freibad den Ball an den Kopf bekommt). Und Musik. Als die „Forrest Gump Suite“ gespielt wurde, war ich mit Sicherheit die einzige Besucherin, die gedacht hat: ‚Tanja Szewczenko. Saison 1995/1996. Kurzprogramm. Hellgelbes Kleid.‘ Nach all den Jahren bin ich noch immer ein „Eiskunstlaufnerd“.
Hach ja, irgendwie war es langsam Zeit, wehmütig zu werden. Nur noch ein kompletter Urlaubstag lag vor uns…
Statistik: 16.802 Schritte / 11,7 km