Ich habe im letzten halben Jahr etwas gemacht … worüber nur zwei Menschen in meinem Leben Bescheid wussten. Und ja, es ist mir bewusst, dass jeder andere kein Geheimnis daraus gemacht und es mit der kompletten Welt geteilt hätte. Für mich kam das jedoch nicht in Frage, weil ich dieses Projekt nur für mich alleine gemacht habe. Außerdem wollte ich ständigen Fragen à la „Wie läuft’s denn?“ oder „Macht es noch Spaß?“ aus dem Weg gehen wollte. Ganz ehrlich, hätte ich festgestellt, dass das Yoga Teacher Training doch nichts für mich ist, hätte ich auf keinen Fall Hinz und Kunz darüber informieren wollen, dass ich abgebrochen habe. Für mich war es also der genau richtige Weg, kaum jemandem vom Yoga Teacher Training zu erzählen.
Die Idee
Mit dem Gedanken gespielt, ein Yoga Teacher Training zu machen, habe ich schon länger. Ich glaube, so um 2019 herum habe ich zum ersten Mal darüber nachgedacht. Aber dann kam die Pandemie und meine Pläne lagen erstmal auf Eis.
Zudem war ich lange unsicher, wo ich das Yoga Teacher Training gerne machen würde. Eigentlich ist „mein“ Stil das Anusara Yoga, aber dazu habe ich in der Nähe meines Wohnorts keine passende Ausbildung gefunden. Irgendwann hatte ich auch die Idee, das Yoga Teacher Training bei „Kale & Cake“ im Rahmen von drei Intensivwochen in Bayern zu absolvieren. Als diese Variante nicht mehr angeboten wurde, habe ich mich schließlich für das Yoga13 in Stuttgart entschieden. Ein bisschen eine gewagte Idee, denn ich kannte die Ausbildenden Susanne und Tobias nur von ihren Yoga Festivals und vom Online Yoga während der Pandemie. Wie so oft habe ich auf meinen Bauch gehört und mich im Herbst 2023 für das Yoga Teacher Training 2024 beworben.
Meine Freude war groß, als ich genommen wurde. Diese Freude ist im März 2024 einer gewissen Aufregung gewichen, denn ich hatte direkt vor dem Start das Gefühl, keine Ahnung zu haben, was auf mich zukommt. Ich kannte den genauen Weg zum Yoga Studio nicht (ja, diese Angst habe ich noch immer in mir: eine Location nicht zu finden. Da ändern auch zig Jahre als Betriebsprüferin nix dran…) und langsam wurde mir zudem bewusst, dass ich in den letzten Monaten gar nicht sooo viel Yoga gemacht habe. Überwiegend Dehnvideos von Mady Morrison nach meinen Fitnessworkouts. Insgesamt stand mit also ein eher gewagtes Abenteuer bevor…
29.-31.03.2024 (Ostern) Modul 1
Ich kann es nicht anders ausdrücken: Modul 1 hat mich komplett gekillt. Das lag nicht an der Intensität des praktizierten Yogas. Hier habe ich schnell festgestellt, dass – wie bei mir und meinem Ehrgeiz und eisernen Willen nicht anders zu erwarten – intensives Yoga genau meins ist. Je anstrengender und dynamischer desto besser. Sondern an den Gesamtumständen. Mit mir zusammen haben insgesamt 18 Teilnehmerinnen das Yoga Teacher Training begonnen. Eine tolle Gruppe, die auch schnell zusammengefunden und bereits bei der Vorstellungsrunde emotional die Karten auf den Tisch gelegt hat.
Trotzdem stand ich vor dem Problem, das ich seit Kindertagen kenne: es fällt mir wahnsinnig schwer, mich in größeren Gruppen zurechtzufinden, wenn ich keine vorgegebene Aufgabe habe. Vor 40 Personen einen Vortrag halten? Kein Problem. Mich bei einer Hochzeit mit Anfang Zwanzig alleine an einen Tisch mit mir völlig unbekannten Personen, die sich aber untereinander kennen, setzen (geschehen bei der Hochzeit einer Cousine): Vollkatastrophe. Ein bisschen so habe ich mich auch an diesem ersten Wochenende gefühlt. Ich hatte keine Ahnung, wo mein Platz ist, wie ich die Mittagspause verbringen soll etc. So etwas stresst mich unglaublich.
Hinzu kam, dass ich unterschätzt hatte, wie aufwändig es werden würde, von meinem Wohnort in den Stuttgarter Süden zu gelangen. Gerade am Wochenende war die Verbindung morgens so ungünstig, dass ich um 05:00 Uhr aufstehen musste. Denn ich hatte nur die Wahl, entweder schon um 07:00 Uhr in Stuttgart zu sein oder wenige Minuten vor Beginn des Unterrichts um 08:00 Uhr. Natürlich habe ich mich für die frühe Variante entschieden.
Dieses erste Wochenende hat mir komplett den Stecker gezogen. Ich lag jeden Abend um 21:00 Uhr im Bett. Normalerweise gehe ich nie vor 22:00 Uhr, eher erst gegen 23:00 Uhr ins Bett.
Etwas überfordert hat mich auch die intensive Beschäftigung mit Pranayama (also dem Thema „Atemtechniken“ im Yoga). Hier hatte ich das Gefühl, dass mir alle anderen meilenweit voraus sind. Ein Trugschluss, denn im Laufe der Zeit sollte sich herausstellen, dass auch andere wenig Erfahrung hatten. Trotzdem hat sich mir der Moment, als ich die Kapalabhati-Atmung vor der halben Gruppe nicht hinbekommen habe, tief in mein Gedächtnis eingegraben. Kein Wunder, ich kann Euch heute noch aufsagen, wann mich in der Schule gemeldet und etwas Falsches gesagt habe…
Nach diesem ersten Wochenende hatte ich keine Ahnung, wie ich die weiteren Module überleben sollte. Abbrechen kam trotzdem nicht in Frage. Denn inhaltlich hat mir das Yoga Teacher Training durchaus Spaß gemacht. Sowohl in der Theorie („Was ist eigentlich Yoga?“) als auch in der Praxis (z.B. durch das gegenseitige Ansagen der Sonnengrüße). Ich habe mir deshalb vorgenommen, Schritt für Schritt vorwärts zu gehen. Nur von Modul zu Modul zu denken. Wird schon werden.
26.04.-03.05.2024 Intensivwoche
Die Intensivwoche lag wie ein gigantischer Berg vor mir. Ich blieb bei meinem oben erwähnten Mantra: von Tag zu Tag, von Schritt zu Schritt denken.
Neben viel Theorie (z.B. den Yoga Sutras) haben wir uns und in diesem Abschnitt eingehend mit den einzelnen Asanas beschäftigt. Dieser Teil hat mir sehr gut gefallen. Denn die korrekte Ausrichtung der einzelnen Yogaposen finde ich besonders spannend.
Ebenfalls viel Spaß gemacht hat mir der kleine „Vortrag“, den wir zu einer Passage aus dem Buch von B. K. S. Iyengar halten mussten. Ich hatte mir einen Satz ausgesucht, in dem er darlegt, dass Yoga anstrengend sein muss. Dem gegenübergestellt hatte ich die vielen „alles kann, nichts muss“-Kommentare, die unter den Videos von Mady Morrison zu finden sind.
Gerade als ich dachte „ja, ich bin auf einem guten Weg, die Woche flutscht!“ kam der Tag, der mich komplett durchgeschüttelt hat. Es stand das Thema „Armbalancen“ an. Einen Bereich aus dem Yoga, bei dem ich wusste, dass er mein Nemesis ist. Durch meine hyperlaxe Schulter liegen mir diese Asanas überhaupt nicht. Es war ein bekannter Yogalehrer als Gastdozent dabei. Eigentlich eine tolle Chance, aber als es an Themen wie Handstand und Kopfstand ging, war ich komplett überfordert. Ein Gefühl, mit dem ich nur sehr schlecht umgehen kann. Denn ich bin es gewohnt, die Dinge im Griff zu haben. Oder um es mit einem Zitat aus einem Buch von Meike Werkmeister zu sagen: „Ich bin grandios schlecht darin, in etwas schlecht zu sein.“ Im Nachhinein weiß ich, dass solche Erlebnisse zu jedem Yoga Teacher Training dazugehören. Dass in allen Lebenslagen Wachstum durch Schmerz begleitet wird. Trotzdem war ich in diesem Moment total verzweifelt und habe meine Entscheidung für die Ausbildung verflucht. Werden Armbalancen jemals meine Lieblingsasanas? Nein. Werde ich mich weiter durchbeißen? Ja!
Es gab noch viele weitere Momente außerhalb meiner Komfortzone während der Intensivwoche. Stichwort „Ecstatic Dance“ zum Beispiel. Ich bin mit null Rhythmusgefühl gesegnet und fühle mich in solchen Momenten beobachtet und „nicht gut genug“. Trotzdem habe ich mich darauf eingelassen und sogar weitergemacht, als mich die Verkalkung meines Innenohrs (a.k.a. mir wird bei Serpentinen mittlerweile sogar als Lenkerin des Autos schlecht…) beinahe ausgeknockt hätte, als wir uns bei der ersten Sequenz am Boden wälzen mussten und mir Todes schlecht wurde.
Aufgrund schlechter Erfahrungen in der Vergangenheit (an der Hochschule wurde ich bei einer ähnlichen Aktion als „unnahbar“ charakterisiert) hatte ich auch Respekt vor dem Feedback, als jeder von uns sich einen Zettel auf den Rücken kleben musste und alle anderen (positive) Dinge darauf schreiben sollten, die sie mit der Person – die sie erst vor kurzem kennengelernt hatten – in Verbindung bringen. Im Nachhinein eine total coole Aktion. Denn ich musste über viele Dinge, die auf meinem Zettel standen, sehr schmunzeln. Jeder zweite Kommentar beinhaltete die „Ruhe“, die ich in den ersten Tagen des Yoga Teacher Trainings wohl ausgestrahlt habe. Ich musste so grinsen, denn würde man z.B. meinen ehemaligen Teamkollegen oder „meine“ Steuerabteilung fragen, würden die mich aufgrund meines Arbeitstempos garantiert als kleinen „Stressor“ bezeichnen 😀
Da ich mich mal wieder nicht kurzfassen kann, folgt bald ein zweiter Teil zu den weiteren Modulen des Yoga Teacher Trainings. Stay tuned.
Hey, einfach voll cool. Deshalb wußtest du so gut über Yoga bescheid, hab mich schon gewundert. Aber Du machst halt keine halbe Sachen.
Autor
Hi Rebecca,
vielen Dank für Deinen Kommentar.
War eine crazy Zeit aber auch echt lehrreich und bereichernd.
Viele Grüße und bis bald „in person“.
Steffi