Eins kann ich bereits vorwegnehmen: wenn Ihr „Weiße Finsternis“ von Florian Wacker gelesen habt, wird Euch alles, was heute als „abenteuerliches Reise“ respektive „fremde Länder und Kulturen entdecken“ präsentiert wird, absolut lächerlich vorkommen. Das waren noch Zeiten, als Menschen sich ohne Funktionskleidung und teilweise ummotorisiert in unbekanntes Territorium vorgewagt haben.
Werbung: das Rezensionsexemplar wurde mir vom Verlag kosten- und bedingungslos zur Verfügung gestellt.
Wahrheit und Fiktion
In „Weiße Finsternis“ erzählt Florian Wacker die wahre Geschichte der zwei Norweger Peter Tessem und Paul Knutsen. Die beiden werden von Roald Amundsen 1919 von Board des Expeditionsschiffs „Maud“ über das gefrorene Karische Meer zu Fuß nach Hause geschickt. Irgendwann verliert sich die Spur der beiden und sie gelten als verschollen. Er verwebt diesen Erzählstrang mit der ebenfalls wahren Geschichte eines norwegisch-russischen Suchtrupps, der nach den beiden Ausschau halten soll. Außerdem gibt es einen dritten, fiktiven Erzählstrang, der „Weiße Finsternis“ zu einer Dreiecksgeschichte rundum Liebe und Betrug macht.
Spannung pur
Mich hat „Weiße Finsternis“ fasziniert, begeistert und erschauern lassen. Es war unglaublich spannend, von allen drei Erzählsträngen zu lesen. Vor allem bei Peter Tessem und Paul Knutsen und ihrem Kampf gegen die Elemente habe ich sehr mitgefiebert und mitgelitten. Wir bequemen und verwöhnten Mitteleuropäer können nur durch solch eindrückliche Schilderungen auch nur annähernd nachempfinden, wie es gewesen sein muss, auf Skiern und mit Hundeschlitten im ewigen Eis bei menschenverachtenden Temperaturen, ohne Funktionskleidung und in der titelgebenden „weißen Finsternis“ unterwegs zu sein. Das hat bei mir beim Lesen ein sehr beklemmendes Gefühl erzeugt.
Vielleicht hätte es die fiktive Dreiecksgeschichte nicht einmal gebraucht, mir hat es trotzdem gut gefallen, von einer starken Frau wie Liv – die damals total im Schatten der Männer stand – zu lesen.
Am Anfang sollte man sich beim Lesen ein bisschen Zeit geben, um in die verschiedenen Erzählstränge reinzukommen. Es ist nicht einfach, die vielen Personen zu unterscheiden.
Mehr Infos erwünscht
Mein einziger, kleiner Kritikpunkt an „Weiße Finsternis“ ist, dass ich mir gewünscht hätte, dass es im Anhang eine kurze Zusammenfassung dessen, was historischen Tatsachen entspricht und was hinzuerfunden wurde, gibt. Das habe ich mir im Nachhinein selbst im Internet zusammengesucht.
Fazit
Allen, die von Eroberern und Entdeckern aus längst vergangenen Zeiten lesen wollen, denen kann ich „Weiße Finsternis“ wärmstens empfehlen. Mich hat dieses Buch von Seite 1 an in seinen Bann gezogen. Falls Ihr Euch auf diesem Gebiet auch „plastisch“ weiterbilden wollt, dann kann ich Euch einen Besuch im „Fram“-Museum in Oslo ans Herz legen. Dort kann man sich zumindest ein kleines bisschen wie ein Polarforscher fühlen.
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