|Leseliebe| Schwere Kost? „Der Sommer meiner Mutter“ – Deutscher Buchpreis

Dieses Jahr hatte ich mir fest vorgenommen, ein Buch von der Longlist des Deutschen Buchpreises zu lesen. Ich wollte testen, ob die tatsächlich so schwere Kost sind, wie gemunkelt wird. Entschieden habe ich mich für „Der Sommer meiner Mutter“ von Ulrich Woelk. Eine „Coming of Age“-Geschichte vor historischem Hintergrund, das klang spannend.

Werbung: das Buch wurde mir von netgalley kosten- und bedingungslos zur Verfügung gestellt.

 

Der Sommer meiner Mutter

Das Cover mochte ich übrigens sehr gerne. Sieht es nicht original wie ein Bild aus einem Familienfotoalbum der 60er/70er Jahre aus? Schon allein die Liege-/Klappstühle sind so typisch.

 

Über den Mond, die Liebe und eine Katastrophe

Wir schreiben das Jahr 1969. Der elfjährige Tobias wächst in einer Vorstadtidylle auf. Sein ganzes Interesse gilt der Raumfahrt. Entsprechend fiebert er der Landung der Amerikaner auf dem Mond entgegen. Doch plötzlich gerät die ganze Ordnung seiner Kindheit durcheinander. Der Auslöser: im Nachbarhaus zieht eine alternative, freizügige Familie ein, die so ganz anders zu sein scheint wie seine eigenen, konservativen Eltern. Deren Tochter Rosa bringt Tobias nicht nur die Musik abseits des deutschen Schlagers näher. Sie zeigt ihm außerdem, dass das echte Leben (und die Liebe) mindestens so spannend ist wie die Mondlandung.

 

Schwere Kost?

War „Der Sommer meiner Mutter“ nun schwere Kost? Diese Frage muss man zweigeteilt beantworten. Das Thema, mit dem sich das Buch im Kern beschäftig, ist definitiv ein ernstes. Weiter in die Details gehen kann ich an der Stelle nicht, denn sonst würde ich zu viel verraten. Aber anstrengend oder öde zu lesen war die Geschichte auf gar keinen Fall. Das lässt sich schon alleine daran erkennen, dass ich „Der Sommer meiner Mutter“ an nur einem Tag beendet habe. Okay, es ist absolut kein Wälzer und umfasst nur knapp 190 Seiten. Aber die haben es in sich. Deshalb möchte ich Euch nun 5 Fakten auflisten, warum „Der Sommer meiner Mutter“ zu einem Lesehighlight für mich geworden ist.

 

Der Sommer meiner Mutter

Man beachte auch den Mond im Hintergrund…

 

1. Dieser erste Satz…

Verraten möchte ich Euch den ersten Satz hier nicht. Denn der enthält einen massiven Spoiler. So viel kann ich jedoch sagen, ich habe noch nie ein Buch gelesen, dass mit so einem eindrücklichen ersten Satz begonnen hat.

 

2. Der historische Hintergrund

Ich fand den Zeitrahmen und in der Folge den historischen Hintergrund, den Ulrich Woelk gewählt hat, sehr spannend. Die Mondlandung war damals eine große Sache, auch meine Mutter weiß z.B. noch genau, wo sie dieses Spektakel im TV verfolgt hat. Es gibt sogar Fotos in ihrem Album dazu. Und dem Autor gelingt es perfekt, den „Vibe“ dieser Zeit aufleben zu lassen. Ich fühlte mich quasi in das Jahr 1969 zurückversetzt. Dabei musste ich erkennen, dass man zwar immer wieder in der Kategorie „gute, alte Zeit“ denkt, tatsächlich aber froh sein muss, dass die Gesellschaft zwischenzeitlich Fortschritte gemacht hat. Klar, es besteht noch immer Verbesserungsbedarf im Bereich „Toleranz“. Aber im Vergleich zu 1969 hat sich einiges getan. Vor allem für uns Frauen. Heute erwartet keiner (zumindest kein einigermaßen normal denkender Mensch), dass wir außer „Kinder, Küche, Kirche“ keine Inhalte in unserem Leben haben.

 

3. Der Schreibstil

Es fällt mir nicht leicht, den Schreibstil von Ulrich Woelk zu beschreiben. Nüchtern? Klar? Auf alle Fälle schafft er es in Perfektion, die Gefühlswelt eines halbwüchsigen Jungen zu transportieren.

 

4. Erste Liebe

Es war sehr fesselnd zu lesen, wie das Nachbarsmädchen Tobias zeigt, dass Mädchen vielleicht das größere Faszinosum sind als all die Planeten und das Weltall zusammen. Wie passiv sich Tobias in das Geheimnis der Liebe einführen lässt.

 

5. Die Mischung

Besonders beeindruckt hat mich die Mischung aus Optimismus und Melancholie. Wie am Ende trotz der leichten Momente alles auf eine Katastrophe zusteuert. Und das ganze mit einem großen (und für mich nicht vorhersehbaren) Paukenschlag endet. Auf den ein versöhnlicher Prolog folgt.

 

Lasst Euch also vom Prädikat „Deutscher Buchpreis“ nicht zurückschrecken. Wenn ein solches Buch thematisch zu einem passt, liest es sich genauso leicht wie ein „triviales“ Buch aus dem Bereich „New Adult“ oder „Chick Lit“. Mein Herz hat „Der Sommer meiner Mutter“ definitiv erobert.

 

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