|Wanderlust| Hüttenwanderung in Österreich – Packliste für den Wanderrucksack – Durchhalten am Berg

Anfang des Jahres habe ich mich bei der Arbeit spontan zu einer zweitägigen Hüttenwanderung in Österreich angemeldet. Ich bin dank diverser Urlaube in Oberstdorf, Südtirol und Österreich kein ungeübter Wanderer, habe aber vorher noch nie auf einer Hütte übernachtet. Ich bin unvoreingenommen an dieses erste Mal herangegangen, musste mir aber von Familie und Freunden so Dinge anhören wie „Was? Du willst in einem Massenlager übernachten? Wo du doch immer so anspruchsvoll (wahlweise ‚penibel‘) bist!“ oder „In einem Matratzenlager schlafen, das könnte ich nicht…“ Sehr schön auch meine Mutter, die mir partout einen Milbenkissenbezug in den Rucksack packen wollte.

Meine Packliste

Trotz aller Unvoreingenommenheit bin ich natürlich nicht unvorbereitet in dieses Abenteuer gestolpert sondern habe mir bereits Wochen vorher überlegt, was ich alles in meinen Wanderrucksack packen möchte.

Für mich war von Anfang an klar, dass ich ausreichend Wechselklamotten mitnehmen werde. Nicht nur, weil ich aus rein hygienischen Gründen keine zwei Tage in verschwitzen Klamotten leben möchte, sondern auch weil ich weiß, dass ich beinahe erfriere, wenn ich nach einer körperlichen Anstrengung nicht sofort aus den verschwitzten Klamotten raus komme. Neben Unterwäsche habe ich ein T-Shirt, ein langärmeliges, gefüttertes Ski-Oberteil, eine Softshell-Jacke und mein heißgeliebtes, türkisfarbenes „Kuschelweschtle“ (sehr beliebt auch bei Männern: „uiii, das ist ja richtig weich“ *streichel*) in den Rucksack gepackt. Getragen habe ich bei der Anreise und somit am ersten Tag der Wanderung meine Wanderhose und ein Wanderhemd. So konnte ich nach der Ankunft auf der Hütte das verschwitzte Wanderhemd gegen das T-Shirt und das Langarmoberteil aus dem Rucksack tauschen. Die Wanderhose habe ich planmäßig an beiden Tagen getragen. Allerdings wollte ich für Notfälle eine Hose zum Wechseln dabei haben. Wer mich kennt, weiß warum. Es gibt da eine legendäre Geschichte von einer zweitägigen Wanderung in der 4. Klasse, bei der Klein-Steffi am zweiten Tag in den Matsch gefallen  und von oben bis unten verdreckt am Abholort angekommen ist. Und wer hatte – ohne eine irgendwie geartete Absprache – Wechselklamotten dabei? Meine Mutter. Ihr war klar, dass ich den Dreck fallen würde… Kann man wahrscheinlich nur nachvollziehen, wenn man selbst Mutter ist. Zurück in die Gegenwart, ich bin auf  die – wie ich finde – clevere Idee gekommen, eine bequeme, schwarze Sporthose mitzunehmen, die ich sowohl nachts zum Schlafen als auch, wenn alle Stricke reißen, am nächsten zum Wandern würde tragen können.

Packliste Hüttenwanderung

Jeweils von links nach rechts: Kuschelwestle, Softshell-Jacke, langärmeliges Ski-Oberteil, T-Shirt, bequeme Sporthose, Mütze, Handschuhe (zur Motivation von der Biathlon-WM in Oslo – bei einem Tief wollte ich mit dem unbändigen Willen von Ole-Einar Björndalen dem Gipfel entgegenstreben), Schal

Für mich stand außerdem fest, dass ich nicht nur eine Zahnbürste, Zahncreme, Deo und Sonnenschutz mit auf den Berg nehmen würde. Klar, Smokey Eyes und knallroter Lippenstift waren nicht mein Ziel, aber Mascara, ein Augenbrauenstift, ein Concealer, ein transparenter Puder, ein kleines Handtuch und ein kleiner Spiegel mussten mit. Da bin ich Perfektionist. Außerdem habe ich zwei Hautpflegeprodukte von Dr. Hauschka abgefüllt und ein Abschminkprodukt und einen Lippenpflegestift von Sanct Bernhard (wichtig bei trockener Höhenluft) mitgenommen.

Mein persönliches Highlight waren die Feuchttücher von „Tempo“, die sich ebenfalls in meinem Rucksack befanden. Denn wenn 15 Personen zusammen auf einer Hütte ankommen, und es nur ein Bad gibt, ist man so völlig unabhängig und kann sich im Zimmer frisch machen.

Packliste Hüttenwanderung

Essen, Kosmetika, Feuchttücher und Schuhe zum Wechseln (nachdem mein Kollege mich für das Phänomen der plötzlich abfallenden Sohlen an Wanderschuhen sensibilisiert hat).

Die Wanderung

Der zweitägige Wanderausflug fand im  Bregenzerwald in Österreich statt. Da die erste Wanderung (die sogenannte Warmup-Runde) bereits um 10:00 Uhr starten sollte, hieß es für mich an diesem Tag um 04:45 Uhr aufstehen (da bin ich nicht verweichlicht, ab und zu muss so etwas jeder Mensch ohne zu jammern auf die Reihe bekommen). Ich bin um 6:00 Uhr los gefahren und pünktlich kurz vor 10:00 Uhr in Au-Schoppernau angekommen.

Wasserfall Schoppernau

Das Ziel der Warmup-Wanderung: der Wasserfall von Schoppernau

Dort stand als erstes besagte Warmup-Runde auf dem Programm. Meine Vorstellung? Eine gemütliche Runde in der Ebene um einen See. Die Realität? Steil hinauf zu einem Wasserfall – genau der „von 0 auf 100“-Start, den ich beim Wandern überhaupt nicht leiden kann. Ich habe mich entsetzlich gefühlt und war mir sicher, die große Wanderrunde am nächsten Tag nicht schaffen zu können.

Blick von der Bergkristallhütte

Blick von der Bergkristallhütte

Nach einer Pause, in der ich mir eine leckere Nussstange in einer Bäckerei gegönnt habe, stand der Aufstieg zur Bergkristallhütte, wo die Übernachtung für uns gebucht war, an. Nach dem desaströsen „Warmup“ habe ich mit dem Schlimmsten gerechnet, bin aber sehr gut mit dieser Wanderung, die nach dem Start in der Ebene nur noch bergan geführt hat, zurechtgekommen. Ich war sogar in der Spitzengruppe, die als erstes oben angekommen ist.

Bei dieser Wanderung habe ich zum ersten Mal in meinem Leben meine brandneuen Wanderstöcke benutzt. Ich muss zugeben, dass ich diese „Gadgets“ vorher als unnötigen Schnickschnack abgetan habe, den ich maximal mit Ü60 nutzen wollte. Diese erste Wanderung mit den Stöcken hat mich jedoch direkt von deren Berechtigung überzeugt. Sie sind sowohl, wenn es steil bergan geht, als auch zur Stabilisierung beim Absteigen, sehr hilfreich.

Bergkristallhütte

Bergkristallhütte

Der Abend auf der Hütte war witzig und unterhaltsam. Besonders gut hat mir das Reaktionsspiel „Tarantel“ gefallen, das ich mit einigen Kollegen gespielt habe.

Zum Abschluss des Tages wurde auch noch einer meiner größten Alpträume wahr: ich habe tagsüber Kontaktlinsen getragen und wollte abends meine Brille aus meinem Wanderrucksack nehmen, jedoch war diese nicht drin. Ich habe den kompletten Rucksack auseinandergenommen, aber sie blieb unauffindbar. Da ich vor der Wanderung zur Hütte in meinem Kofferraum meinen Wanderrucksack umgepackt hatte, war meine Vermutung, dass die Brille bei dieser Aktion herausgefallen sein muss. Ließ sich nun nicht mehr ändern, ich musste in einer mir komplett fremden Umgebung im Dunkeln ohne Brille zurecht kommen. Um nicht völlig hilflos zu sein, habe ich mit dem Handy unter dem Kopfkissen geschlafen (um wenigstens eine „Notbeleuchtung“ zur Hand zu haben).

Die nächtliche Unterbringung empfand ich als absolut in Ordnung. Es waren allesamt Mehrbettzimmer mit 6-7 Betten, die mit richtigen Kissen und Bettdecken ausgestattet waren. Jedoch gab es keine Heizung, so dass ich in meinem gefütterten Skioberteil geschlafen habe.

Zunächst hatte ich Probleme, in den Schlaf zu finden. Ich war nicht nur aufgedreht, auch haben gefühlt alle um mich herum geschnarcht. Das konnte heiter werden… Zum Glück hatte ich Kopfhörer für mein Handy dabei und konnte so mit Hilfe eines Hörbuchs in den Schlaf finden.

Am nächsten Morgen war ich bereits um 06:00 Uhr wach und habe die Gunst der Stunde genutzt, um mich in aller Ruhe im Gemeinschaftsbad fertig zu machen. Obwohl es nicht die erholsamste Nacht aller Zeiten war, habe ich mich gut und bereit für die Wanderung gefühlt.

Auf der Hütte sind wir als hochdisziplinierte Deutsche aufgefallen. Nicht genug, dass wir uns an die Bettruhe ab 22:00 Uhr gehalten haben (österreichische Gäste muss man laut Aussage der einheimischen Hüttenwirtin wohl energisch um 23:00 Uhr ins Bett schicken – sonst sitzen die bis 04:00 Uhr morgens), wir saßen auch allesamt um 07:30 Uhr pünktlich beim Frühstück!

Die Wanderung zum Annalper Joch führt zunächst für 2 1/2 Stunden ausschließlich bergan. Hierbei wurden ca. 700 Höhenmeter zurückgelegt. Ich habe schnell mein persönliches Tempo gefunden und bin kontinuierlich dem Ziel entgegengestrebt. Klar, ab und zu hatte ich ein kleines Tief, aber das Entscheidende bei so einer Wanderung ist, dass man keine Pausen macht sondern in konstantem Tempo weitergeht. Dieses Erlebnis hatte etwas sehr Meditatives. Man verbringt viel Zeit bei sich und seinen Gedanken.

Annalper Joch

Erkennt mich jemand? Ich bin der kleine, türkise Punkt. Das Bild ist vom letzten Anstieg zum Annalper Joch.

Kurz vor dem Ziel hatte ich einen Moment kompletter Unlust, denn es stand ein finaler, sehr steiler Aufstieg in Serpentinen an. Man konnte genau sehen, wo man hin musste und wusste somit, was für eine letzte, große Anstrengung auf einen wartete. Aber es half nichts, auch diese Herausforderung musste bewältigt werden. Auf diesem letzten Stück waren meine Wanderstöcke Gold wert, denn so konnte ich mich an besonders steilen Stellen hochstemmen.

Blick vom Annalper Joch

Blick vom Annalper Joch

Es war ein tolles Gefühl, oben angekommen zu sein. Leider konnte man den Triumph nicht richtig genießen, denn auf dem Gipfelkamm war es kalt und windig. Also sind wir beinahe nahtlos in den am Anfang sehr steilen und matschigen Abstieg übergegangen. Nach einer kleinen Rast an einem Aussichtspunkt sind wir anschließend 1.200 m auf befestigten Wegen ins Tal abgestiegen.

Blick vom Annalper Joch

Noch ein Blick vom Annalper Joch

Das war die längste Wanderung, die ich bislang unternommen habe: ca. 18 km. Ich bin wirklich stolz, dass ich sie geschafft habe. Ich, die nie eine Urkunde bei den Bundesjugendspielen bekommen hat. Die sich in der 13. Klasse zum ersten und einzigen Mal ein „befriedigend“ in Sport verdient hat – aber nicht durch Leistung sondern durch Anwesenheit…

Nächstes Jahr würde ich mich gerne erneut einer solchen Herausforderung stellen und eine weitere, lange Wandertour unternehmen. Wer ist dabei?

Nun gilt es noch das Mysterium meiner verschwundenen Brille zu lösen. Nach einer abschließenden Cafépause habe ich meinen kompletten Kofferraum ausgeräumt, jedoch blieb die Brille unauffindbar. Sogar an der Talstation, auf deren Parkplatz ich meinen Rucksack umgepackt hatte, habe ich nachgefragt, ob eine Brille abgegeben wurde. Nein. Die Brille blieb verschwunden. Der letzte Strohhalm, an den ich mich geklammert habe, war die Möglichkeit, dass ich die Brille versehentlich zu Hause vergessen haben könnte. So recht daran glauben wollte ich jedoch nicht. Trotzdem habe ich versucht, mich nicht von negativen Gedanken übermannen zu lassen, denn was hätte das gebracht? Falls ich die Brille verloren hatte, waren ca. 500 Euro unwiderruflich weg. Da konnte ich genauso gut meinen Roadtrip vom Bregenzerwald nach Oberstdorf genießen. Und das habe ich gemacht, denn das war eine wunderschöne Fahrt durch die Berge. Ich hätte noch viel länger als die knapp 1 1/2 Stunden, die ich gebraucht habe, durch die Berge cruisen können.

Boutiquehotel Gams

Mein Bett im Boutiquehotel Gams

Boutiquehotel Gams

Stylische Einrichtung im Boutiquehotel Gams

In Oberstdorf angekommen (nach einer finalen Odyssee, denn aufgrund einer Baustelle konnte ich nicht in die Straße einfahren, in der mein Hotel lag und da das Navi nicht wusste, dass die Straße gesperrt ist, war mir das auch keine Hilfe), habe ich in das Hotel „Gams“ eingecheckt. Das Hotel kann ich empfehlen, es ist am Rand von Oberstdorf gelegen und modern und stylisch eingerichtet. Vor allem die große Dusche hat mich nach den einfachen Verhältnissen auf der Berghütte begeistert.

Dort angekommen, habe ich direkt eine Bildnachricht auf dem Handy empfangen: meine Brillenetui, wie es unter dem Esstisch im Wohnzimmer ganz hinten an der Wand liegt. Phew. Wanderrucksäcke sind ja nicht standfest und meiner ist kurz vor der Abreise umgefallen. Dabei muss die Brille herausgefallen sein… Glück gehabt.

Pizza in Oberstdorf

Abendliche Belohnung

Trotz eines langen Tages, der bereits hinter mir lag, habe ich mich zu Fuß auf den Weg Richtung Eishalle gemacht (ca. 2 km). Eigentlich wollte ich in der Trattoria bei der Eishalle einkehren, leider war die jedoch voll, so dass ich bei „Alberto“ gelandet bin und zum ersten Mal in meinem Leben alleine „richtig“ Essen war. Und was kann ich sagen, es hat gar nicht weh getan. Sollte mich jemand komisch angeschaut haben, so ist es mir nicht aufgefallen. Wenn ich Hunger habe, werde ich auch künftig alleine essen gehen. Ich selbst weiß ja, dass ich Freunde habe und kein einsamer Mensch bin.

Diese zwei Tage gehören definitiv zu meinen Highlights 2017. Ich kann nur jedem raten, sich ab und zu herauszufordern und etwas Neues zu wagen. Nur so wächst man. Also: auf zu neuen Ufern!

4 Kommentare

  1. 31. Oktober 2017 / 15:45

    Hallo Steffi,
    oha, da hast du aber einiges erlebt! Wandern ist ja nichts, was ich freiwillig machen würde. Umso mutiger finde ich deinen Entschluss dich ganz spontan dieser Aktion anzuschließen. Und die Bilder zeigen: Dein Mut und dein Entschluss haben sich absolut gelohnt. Schmunzeln musste ich bei den Stellen, in denen du die Weitsicht deiner Mutter betreffend des Milbenkissens und der Wechselklamotten geschildert hast.
    Deine Erlebnisse in der Berghütte hören sich sehr anstrengend an. Dass es keine Heizung gab, war bestimmt sehr hart. Ein Glück hast du so warme Klamotten eingepackt. Was das Schnarchen der Mitbewohner angeht: Seit dem Urlaub auf Kreta, bei dem ich eine Woche lang so gut wie kein Auge zugemacht habe, wandert in meinen Kulturbeutel jetzt auch immer eine Packung Ohrstöpsel. :o)

    Auch dein Erlebnis mit der Brille stelle ich mir sehr gruselig vor. Ein Glück hattest du noch Kontaktlinsen dabei. Ich kann ohne Brille nur das Buch vor meiner Nase sehen. Alles, was etwas weiter weg ist, wirkt doch sehr verschwommen. Daher konnte ich da gerade auch sehr mit dir mitfühlen.

    Ich freue mich, dass du mittlerweile heil und gesund wieder daheim angekommen bist und dass du trotz einiger kleiner Probleme ein Abenteuer erlebt hast, was du nicht mehr missen möchtest und aus dem du gestärkt hervorgegangen bist :o)

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    • glimrende
      Autor
      1. November 2017 / 15:16

      Hallo Tanja,
      vielen Dank für Deinen laaangen Kommentar.
      Du hast recht, Ohrenstöpsel wären eine super Idee gewesen, allerdings habe ich das Problem, dass ich Ohrstöpsel nicht richtig in mein Ohr bekommen. Keine Ahnung, ob das ein anatomisches Problem ist, oder ob ich mich einfach blöd anstelle…
      Ich bin ohne Brille auch echt blind. Ich habe auf jedem Auge ca. -7.0 Dioptrin. Deswegen geht bei mir ohne Sehhilfe auch gar nichts.
      Herzliche Grüße,
      Steffi

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