„Zeitenwende“, das Finale der Jahrhundert-Trilogie von Carmen Korn, war eines der Bücher in 2018, auf das ich mich am meisten gefreut habe. Denn ich wollte unbedingt wissen, wie die Geschichte um die beiden Hebammen Henny und Käthe und ihren weit verzweigten Familien- und Freundeskreis ausgeht.
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Deutschland 1970 bis zur Jahrtausendwende
Mittlerweile sind in Deutschland die 1970er Jahre angebrochen. Der Zweite Weltkrieg scheint lange zurückzuliegen, die Zeiten sind politisch aber nicht weniger turbulent. Denn die RAF versetzt die Bundesrepublik in Angst und Schrecken, und das geteilte Deutschland liegt nicht nur geografisch mitten im Ost-Westkonflikt. All das hat auch Auswirkungen auf die Familien und Freunde von Henny und Käthe in Hamburg-Uhlenhorst. Je weiter sich das 20. Jahrhundert dem Finale nähert, desto mehr Veränderungen ergeben sich: neue Beziehungen werden geschlossen, Kinder geboren, aber auch die ersten Todesfälle erschüttern den Kreis um Henny und Käthe.
Ein gefühltes Nachhause kommen
Das war ein Gefühl wie Nachhause kommen! Zurück nach Hamburg-Uhlenhorst, in den Schoß der Familien und Freunde von Henny und Käthe. Ich habe es genossen, all die altbekannten Charaktere wieder zu treffen, neue kennenzulernen und zu erfahren, wie es mit ihnen weitergeht.
(Fast) perfekter Hörbuchgenuss
Die Episodenhaftigkeit der Erzählung, gekennzeichnet durch das schnelle Springen vom Leben eines der Protagonisten ins nächste, macht „Zeitenwende“ (und die gesamte Jahrhundert-Trilogie) für mich zum perfekten Hörbuchgenuss auf Autofahrten. Mir fällt es wahnsinnig leicht, beim Hören aufmerksam zu bleiben, und auch wenn ich einmal abschweife, kann ich ohne zurückzuspulen weiter hören und bin direkt wieder in der Geschichte drin. Mit der Stimme der Autorin Carmen Korn konnte ich mich jedoch nicht so ganz anfreunden. Die war mir eine Spur zu „weinerlich“.
Lieblingscharaktere
Die ganzen Charaktere sind mir im Laufe der drei Bände sehr ans Herz gewachsen. Besonders gelungen fand ich hier, wie Carmen Korn deren Alterungsprozess umgesetzt hat. Da gibt es jene, die das Alter nicht akzeptieren können. Und auf der anderen Seite die, die alles so nehmen, wie es kommt. Wie im echten Leben. Mein persönlicher Favorit ist und bleibt hier Dr. Theo Unger. Den mochte ich von Band 1 an besonders gerne. Genau wie seinen leider viel zu früh verstorbenen Kollegen Dr. Kurt Landmann, bei dem ich mich über jede Erwähnung gefreut habe.
Geschichtsunterricht auf die unterhaltsame Art
Besonders ans Herz legen möchte ich Euch einen Aspekt der Bücher von Carmen Korn: sie sind zwar in erster Linie wahnsinnig unterhaltsam, aber trotzdem bekommt man – ganz nebenbei und ohne große Anstrengung – eine Schnellbleiche in der neueren deutschen Geschichte. Hier war im dritten Band für mich besonders spannend, dass es zum einen Zeitperioden waren, die im Geschichtsunterricht – im Gegensatz zu den beiden Weltkriegen – keine große Rolle gespielt haben. Zum anderen ging es erstmals um Abschnitte, an die ich selbst eine Erinnerung habe. Neben der RAF und der Teilung und Wiedervereinigung Deutschlands hat mich am meisten bewegt, davon zu hören, wie damals der Ausbruch des AIDS-Virus medial und politisch ausgeschlachtet wurde.
Zwei kleine Kritikpunkte und viel Lob
Für mich gibt es nur zwei kleine Kritikpunkte. Ein bisschen realitätsfern fand ich, dass die meisten Protagonisten der ersten Stunde ein geradezu biblisches Alter erreichen. Außerdem meint es das Schicksal ab Band 2 der Reihe trotz aller kleinerer und größerer Dramen im Leben der Charaktere doch ausgesprochen gut mit ihnen. Das ist vielleicht eine Spur zu viel „and they lived happily ever after“ und zu wenig echtes Leben.
Zum Abschluss muss ich das Cover lobend erwähnen. Das ist so typisch 1970er Jahre, dass es direkt aus dem Jugendalbum meiner Mutter stammen könnte. Ich habe mich jedes Mal gefreut, wenn mein Blick darauf gefallen ist.
Für mich ein ausgesprochen gelungenes Finale der Jahrhundert-Trilogie. Ich bin beinahe melancholisch, wenn ich daran denke, dass diese schöne Geschichte nun zu Ende ist.