Bei mir mutierte der Lesemonat Oktober 2025 eher zufällig zu einer Art „Sachbuchmonat“. Passend dazu habe ich von Maria Popov „Kein Bock Club“ gehört.
Werbung: das Hörbuch wurde mir von Netgalley kosten- und bedingungslos zur Verfügung gestellt.

So viel mehr als Asexualität
Vordergründig (und laut Klappentext) geht es in „Kein Bock Club“ von Maria Popov um Asexualität. Tatsächlich beinhaltet dieses Sachbuch so viel mehr: Feminismus (im Wandel der Zeit), toxische Männlichkeit, patriarchale Strukturen, Rassismus, Queerness und Wertschätzung der Freund:innenschaft.
Über all das berichtet Maria Popov anhand ihres eigenen, reichhaltigen Erfahrungsschatzes. Wie war es, kein Verlangen nach Sex verspürt zu haben, als ihre Freundinnen erste Erfahrungen sammelten? Warum hat sie in ihrer Jugend trotzdem so getan, als sei auch sie in den Schulschwarm verliebt? Und sogar auf Partys geknutscht?
Neben diesem Einblick in das Leben von Maria Popov kommt aber auch eine differenzierte Auseinandersetzung mit den eingangs angesprochenen großen Themen unserer Zeit nicht zu kurz. Inklusive wissenschaftlicher Aufarbeitung.
Kein trockenes Sachbuch
Trotz des provokant unterhaltsamen Titels mag sich „Kein Bock Club“ anhand der Inhaltsangabe zunächst wie eine trockene Angelegenheit anhören. Dem ist tatsächlich nicht so. Auch als Hörbuch kann man den Gedankengängen der Autorin problemlos folgen und ist zu keiner Sekunde gelangweilt.
Plage des 21. Jahrhunderts: toxische Männlichkeit
Mich hat dieses Buch darin bestätigt, dass es für eine bessere Zukunft von uns allen unglaublich wichtig ist, dass wir gesamtgesellschaftlich endlich von dem Konzept toxischer Männlichkeit wegkommen. Hier müssen sich grundlegende Dinge in der Erziehung ändern, aber auch Männer allen Alters müssen an sich arbeiten. Dazu gehört u.a., den Stellenwert von romantischer Liebe zu senken und den von Freund:innenschaft zu erhöhen. Ich frage mich schon lange, wie die Mehrheit der Männer ohne besten Freund (respektive Freundin) oder ein Netzwerk auskommt, mit dem man alles teilen kann. Kleines Alltagsbeispiel: wenn ich verreise, treffe ich immer auf Frauen, die gemeinsam unterwegs sind. Männer? Entweder schwul oder maximal auf Partyurlaub.
Beispiel 1: Madonna-Huren-Komplex
Ich war beim Hören immer wieder erstaunt, an wie vielen Stellen Maria Popov Themen aufgegriffen hat, die mich aktuell ebenfalls nerven. Dazu zählt z.B. der „Madonna-Huren-Komplex“. Wie kann es sein, dass Männer Frauen noch immer in Beziehungsmaterial und „nur für den Spaß da“ einteilen? Und meist sind das dann auch noch genau die Männer, die ihre Mutter auf ein Podest stellen und bei der kleinsten Kritik an ihr komplett ausflippen. Doppelmoral at its best.
Beispiel 2: Rassismus bei der Tätersuche
Am eindrücklichsten im Gedächtnis geblieben ist mir das Kapitel zum Thema Rassismus. Dort spricht Maria Popov die Übergriffe in der Kölner Silvesternacht an und wie mit diesen umgegangen wurde. Wie darin der erst kürzlich vom Bundeskanzler reaktivierte „Mythos“ der deutschen Frau, die vor den bösen Südländern / Muslimen / Afrikanern geschützt werden muss, manifestiert wurde. Hier hat Maria Popov einen simplen Konter, mit dem man diese Argumentation aushebeln kann: wer begeht eigentlich die unzähligen Übergriffe, die jährlich auf dem Oktoberfest stattfinden? Dieses Beispiel möchte ich mir unbedingt merken, denn mich regt so unglaublich auf, dass Frauen nicht generell vor Männern geschützt werden. Punkt. Dass wir für solch rassistischen Ausfälle wie die vom Bundeskanzler herhalten müssen. Und als absolute Krönung: wenn dann auch noch davon die Rede ist, das irgendein Mann das ganz bestimmt nicht getan / so gemeint hat. Schließlich hat er eine Schwester / Tochter. Als müsste man weibliche Verwandtschaft haben, um kein A…loch gegenüber Frauen zu sein.
Fazit
Neben der Tatsache, dass dieses Buch dem bislang noch nicht oft besprochenen Thema Asexualität Sichtbarkeit verleiht, hat mir gut gefallen, dass viele gesamtgesellschaftliche Probleme unserer Zeit diskutiert werden. Das hat mir nicht nur einige neue Impulse gegeben, sondern mir auch gezeigt, dass mich diverse patriarchale Strukturen zurecht nerven. We are not alone.
