|Leseliebe| „‚Ich mag, wenn’s kracht‘ Jürgen Klopp – Die Biographie“ von Raphael Honigstein / Rezension

Mit dem Buch, das ich heute vorstelle, möchte ich unter Beweis stellen, dass ich tatsächlich abwechslungsreich und nicht nur aus ein, zwei Genres lese. Nach einem Hörbuch-Fehlgriff Anfang Januar (mehr dazu in meinem Monatsrückblick) habe ich eine ganze Weile nach einem neuen Hörbuch gestöbert und mich schlussendlich für die Biografie von Jürgen Klopp entschieden. Die meisten meiner Buchblogger-Kollegen werden wahrscheinlich fassungslos den Kopf schütteln, aber ich liebe jede Art von Sport und finde Jürgen Klopp als Person spannend und sympathisch.

"Ich mag's, wenn's kracht" Biographie von Jürgen Klopp von Raphael Honigstein

„‚Ich mag, wenn’s kracht‘ Jürgen Klopp – Die Biographie“

  • Raphael Honigstein
  • Biografie
  • Deutsch
  • Hörbuch
  • 4 Sterne (von 5 möglichen Sternen)
  • Empfehlung: für alle Sportfans, die eine spannende, kurzweilige Biografie mit Tiefgang suchen.

Wie so viele moderne Biographien ist auch dieses Buch nicht streng chronologisch aufgebaut sondern in den verschiedenen Kapiteln wird munter zwischen verschiedenen Stationen aus Klopps Sportlerleben hin und her gesprungen. Man erfährt etwas über seine Kindheit im Nordschwarzwald und seinen familiären Hintergrund, seine aktive Fußballerkarriere in der 2. Bundesliga, die völlig aus dem Nichts kommende Beförderung zum Trainer beim 1. FSV Mainz 05, seinen Aufstieg zum beliebten Fußballanalysten während der WM 2006, die Wechsel zu Borussia Dortmund und seiner aktuellen Trainerstation bei Liverpool. Hierbei fügt sich das Bild eines leidenschaftlichen Fußballers, der sich seiner technischen Defizite immer bewusst war, der dafür aber viel Herz und vor allem Intelligenz besitzt und deshalb zu einem sehr erfolgreichen Trainer werden konnte, zusammen. Es plaudern viele Weggefährten wie z.B. seine Schwester, Mitspieler, prägende Trainer, Mitarbeiter und Journalisten aus dem Nähkästchen. Sie finden vor allem positive Worte, es werden aber trotzdem auch die Schwächen und persönlichen Niederlagen des Jürgen Klopp aufgezeichnet.

"Ich mag's, wenn's kracht" Biographie von Jürgen Klopp von Raphael Honigstein

Eins vorneweg, für mich war dieses Hörbuch die perfekte Unterhaltung auf meiner Pendelei zur Arbeit. Spannend genug, um meine Aufmerksamkeit zu halten, aber trotzdem so locker erzählt, dass ich auch nach einem anstrengenden Arbeitstag und neben der Konzentration auf den Verkehr gut folgen konnte.

Mir hat der Ansatz, dass hauptsächlich andere Personen von und über Jürgen Klopp erzählen, und er selbst nur in Auszügen aus alten Interviews zu Wort kommt, gut gefallen, denn so ergibt sich ein etwas distanzierteres Bild von seiner Persönlichkeit, als wenn es sich um eine Autobiographie handeln würde. Er kommt trotzdem sehr gut weg, denn beinahe alle Weggefährten betonen, was für ein netter, lieber Kerl er ist – ohne, dass das ganze in eine einzige Lobhudelei ausartet. Ja, auch er hat seine Schwächen und z.B. gegen Ende seiner Trainerstation bei Borussia Dortmund oft dünnhäutig auf kritische Nachfragen von Journalisten reagiert. Auch seine Neigung, den Emotionen freien Lauf zu lassen, mag nicht jedermanns Sache sein, aber eins kann man ihm sicher nicht vorwerfen: dass er kein gutes Herz hat oder abgehoben ist. Da scheinen sich alle Weggefährten in ihrem Urteil einig zu sein.

Ich gebe es zu, in einer Sache habe ich recherchiert: im Buch wird mehrfach die schwäbische Herkunft Jürgen Klopps betont. Das hat sich mir nicht ganz erschlossen, da er in der Nähe von Freudenstadt im Nordschwarzwald aufgewachsen ist, was ich spontan eher als badisch eingeordnet hätte. Und Baden und Schwaben sollte man besser nicht in einen Topf werfen… Meine Recherche hat mich jedoch eines besseren belehrt, und Jürgen Klopp ist zumindest in einer Art Grenzregion aufgewachsen. Trotzdem ein kleiner Hinweis meinerseits: der im Buch zitierte Rezzo Schlauch ist kein Schwabe sondern eindeutig Hohenloher!

Meine liebste Anekdote im Buch ist die von Jogi Löw, der während seiner aktiven Zeit als Fußballer bereits modisch sehr aktiv war und aus dem Kofferraum seines Autos heraus Krawatten an seine Mitspieler verkauft hat…

Im Buch ist viel von taktischen Veränderungen im deutschen Fußball über die letzten 20, 30 Jahre die Rede. Das hört sich auf den ersten Blick eher nach trockener Materie an, wird aber sehr anschaulich und spannend geschildert. Außerdem ist es durchaus amüsant, an die „Rumpelfußballer“ der Millenium-Jahre erinnert zu werden und daran zurückzudenken, wie grandios der deutsche Fußball damals die Umstellung vom Libero auf die Viererkette verschlafen hat. Diese Episode zeigt aber auch auf, dass es manchmal in etwas Fantastisches münden kann, wenn eine Sportart an einem Tiefpunkt ankommt und der Zwang zu Reformen entsteht. Wenn alles gut geht, kann das 10 Jahre später in einen WM-Titel münden…

Wer auf Details aus Jürgen Klopps Privatleben hofft, wird enttäuscht werden. „Ich mag’s, wenn’s kracht“ konzentriert sich auf seine berufliche Laufbahn und seine Ehefrau und sein Sohn kommen nur in Nebensätzen vor.

Besonders interessant fand ich die Theorie, dass der demütigende Sieg des BVB unter Klopp im Finale des DFB-Pokals 2012 der Auslöser dafür war, dass der FCB beschlossen hat, den BVB durch Abwerbung seiner Stars zu zerstören. Also dazu geführt hat, dass der FCB mittlerweile ohne Konkurrenz mit riesigem Abstand an der Spitze der Bundesliga steht.

Für mich zeichnet diese Biographie ein rundes Bild vom Charakter Jürgen Klopps. Außerdem liefert sie tiefe Einblicke in die Geschichte der 1. und 2. Bundesliga der 90er-Jahre bis in die Gegenwart. Für mich ein sehr gelungenes Buch aus dem Bereich Sport.

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