|Wanderlust| Kos im Herbst

Palmen auf Kos

So spät – erst Mitte Oktober – bin ich noch nie in den Süden gefahren. Das hat sich aufgrund von Terminschwierigkeiten rein zufällig ergeben. Vorher war ich skeptisch, denn eigentlich war mein Herz bereits seit Ende September in Sölden im Schnee und nicht mehr in der Sonne.

Natur auf Kos

Grecotel Kos Imperial

Half nichts, am Freitag, den 13. fand ich mich auf Kos wieder. Kos gehört zwar zu Griechenland, befindet sich aber direkt vor der türkischen Küste. Wenn man seine letzten Urlaube in Südtirol oder Norwegen verbracht hat, muss man sich auf Kos angekommen erst an die Kargheit der Landschaft und an den Anblick von Bauruinen oder – vorsichtig ausgedrückt – die eine oder andere unaufgeräumte Ecke gewöhnen. Das möchte ich jedoch nicht den Griechen ankreiden (von wegen typisch deutscher ‚Touristen-Schnack‘: „Wie es hier aussieht… Dass die hier nicht aufräumen… Sind doch alle arbeitslos und haben Zeit!“), denn wenn ich mir meine Joggingstrecke anschaue, auf der ich unter der Brücke einer Bundesstraße durch laufe, wo Menschen sich dazu berufen fühlen, ihre Tüten einer Burgerkette zu entsorgen, indem sie diese aus dem Autofenster werfen, dann möchte ich nicht wissen, wie es hier aussehen würde, wenn wir kein funktionierendes Gemeinwesen hätten.

Grecotel Kos Imperial Pool mit Palmen

Strand auf Kos

Wir haben im Grecotel Kos Imperial gewohnt, einem 5-Sterne-Hotel. Die Außenanlage war sehr schön, mit mehreren toll angelegten Pools und wundervollen Palmen. Auch die Lage direkt am Meer hat mir sehr gut gefallen, obwohl es kein Sand- sondern ein Kiesstrand war. Bei genauerem Hinschauen konnte man jedoch einige Mängel entdecken, die einen am 5-Sterne-Status des Hotels zweifeln lassen: die Sofas im Eingangsbereich und im Restaurant waren so durchgesessen, dass man sich genauso gut hätte auf den Boden setzen können. Ähnliches gilt für die Matratzen in den Betten. Sehr charmant auch die künstliche Felslandschaft im Pool, die teilweise abgebröckelt ist, so dass man klar erkennen konnte, dass sie nicht echt sondern aus Pappmaché ist. Das Essen war zwar kein kulinarisches Highlight (so eine Hotelanlage im Süden ist halt nicht Südtirol…), beschweren konnte man sich über die Qualität trotzdem nicht. Meine Favoriten waren die morgendlichen Pancakes und das Obst sowie mittags und abends die Pizza Margherita, die „kartoffeligen“ Beilagen und das Gemüse.

Bougainvillea

Vier unserer fünf Urlaubstage haben wir am Pool verbracht. An der Stelle muss ich mich outen: ich bin sehr gerne am Pool. Hier war der schmale Kieselstrand sowieso nicht wirklich attraktiv, aber auch bei einem richtigen Sandstrand bin ich dem ein oder anderen Tag am Pool nicht abgeneigt. Als super angenehm habe ich empfunden, dass die Hotelanlage nur spärlich gebucht war, weshalb Liegen nie Mangelware waren (und auch kein Mensch auf die Idee gekommen ist, bereits morgens um 06:00 Uhr eine Liege mit dem Handtuch zu reservieren). Leider hatte unsere späte Reisezeit auch den unangenehmen Nebeneffekt, dass es nicht mehr ganz so warm war, weshalb ich – bedingt durch den immer wieder auffrischenden Wind – ab und zu gefroren habe, und es nur mit angezogener Strickjacke und zugedeckt mit einem Handtuch auf meiner Liege ausgehalten habe. Trotzdem habe ich mich mehrmals in den Pool gewagt (wenn man den zweijährigen Joschi von der Nachbarliege juchzend im Pool planschen sieht, möchte man sich nicht die Blöße geben und sich dem Pool aus Kältegründen verweigern. Apropos Joschi, der war wirklich super süß und eins der ganz wenigen Kinder, das meine biologische Uhr zum Ticken bringt. Der Vater vom Joschi war auch ein Schnuckele (schwäbisch für Schnittchen) aber naturgemäß leider vergeben) und habe sogar an der Wassergymnastik (eher so Zumba im Wasser) teilgenommen. Den Rest des Tages habe ich lesend auf meiner Liege verbracht (mein üblicher Schnitt: pro Tag ein Buch).

Sonnenaufgang auf Kos

Sonnenaufgang auf Kos

Sonnenaufgang auf Kos

Mit Ausnahme unseres Ausflugtages war ich jeden Morgen vor dem Frühstück am Strand spazieren oder joggen. Das wollte ich schon immer einmal machen, aber bislang konnte ich mich im Urlaub nie dazu aufraffen. Ich muss ehrlich zugeben, dass mich dieses Mal die schwedische Bloggerin Janni Delér inspiriert hat. Ich wurde also von einer Influencerin zum Joggen „geinfluenced“. Jetzt, da ich es in die Tat umgesetzt habe, kann ich es jedem empfehlen. So ein Sonnenaufgang am Strand ist unschlagbar. Egal ob mit der BFF oder dem künftigen Vater vom Joschi an der Seite.

Sonnenaufgang auf Kos

Damit hat sich meine sportliche Betätigung in diesem Urlaub noch nicht erschöpft, ich habe zusätzlich mein Glück beim Strandtennis versucht (alles, bei dem der Ball mehr als einmal zwischen mir und meiner Mitspielerin hin und her flog, war ein Erfolgserlebnis. Ich konnte noch nie mit Bällen umgehen. Ich war in der Schule der typische Mitspieler, der sich beim Volleyball den Ball selbst ins Gesicht geschlagen hat) und am abendlichen griechischen Volkstanz teilgenommen. Das ist ein großes Hobby von P. und mir in gemeinsamen Urlauben, wir haben auch schon bulgarische Volkstänze getanzt.

Blick auf das Meer von Nisyros

Blick auf das Meer vor Nisyros

Es war meine Idee, einen Ausflug zu buchen. Wir haben uns für eine Fahrt nach Nisyros, einer Vulkaninsel, entschieden. Hierzu wurden wir mit einem Bus vom Hotel zu einem Hafenstädtchen gefahren. Dort hatten wir vor Abfahrt des Schiffes Aufenthalt und konnten durch die idyllischen Gässchen mit kleinen Läden bummeln. Die anschließende Schifffahrt hat ca. eine Stunde gedauert. Ich bevorzuge Bootstouren auf dem Bodensee, aber die Hinfahrt nach Nisyros war erträglich und hat mich nicht vor Langweile umkommen lassen. Auf der Vulkaninsel angekommen, hatten wir in der Hafenstadt Mandraki Aufenthalt zum Mittagessen. Von uns hatte niemand wirklich Hunger und so gestaltete sich die Wartezeit eher zäh, denn als sonderlich spannend würde ich diesen Ort nicht bezeichnen. Anschließend hieß es wieder Verladung von Touristenmassen in Busse. Das war genau der Moment, an dem ich entschieden habe, dass ich in dem Leben keine Schiffsreise mit der „AIDA“ o.Ä. machen werde. Mich würde sowohl dieser ständige Zeitdruck als auch die Massenabfertigung wahnsinnig machen. Bei der Busfahrt nach Nikia kam erschwerend hinzu, dass es mir in den Serpentinen wahnsinnig schlecht wurde, und ich mich für einen Moment fragen musste, wie ich die weiteren Busfahrten plus die anstehende Schifffahrt überleben sollte.

Gebäude auf Nisyros

Nikia – das weiße Dorf

Gebäude auf Nisyros

In Nikia habe ich mich zum Glück recht schnell erholt und konnte diese sehr hübsche, weiße Stadt inklusive orthodoxer Kirche genießen. Allerdings hatten wir nur eine halbe Stunde Zeit, um uns alleine umzusehen. Das fand ich zu wenig – vor allem, wenn man es mit dem viel längeren Aufenthalt im unattraktiveren Mandraki vergleicht. In Nikia hätte man tolle, typische Modebloggerfotos machen können.

Nikia auf Nisyros

Blaue Tür in Nikia

Steffi auf Nisyros

Anschließend ging es mit dem Bus weiter zum Vulkankrater „Stephanos“ (also namentlich quasi mein Krater). Ich hatte die ganze Fahrt über den Blick starr geradeaus gerichtet, um zu vermeiden, dass es mir erneut übel wird. Den Vulkankrater fand ich sehr interessant. Faszinierend zu sehen, wie die Erde unter der Oberfläche brodelt. Man konnte sogar in den Krater hinuntersteigen und sehr nah an den heißen Dampf herangehen. Der Schwefelgeruch hat mich direkt an den Yellowstone Nationalpark in den USA erinnert. Da wir zur goldenen Stunde am Vulkankrater waren, waren das Licht und die Stimmung wunderschön.

Vulkankrater auf Nisyros

Negativer Nebeneffekt hiervon war, dass uns noch eine lange Heimfahrt bevor stand. Zunächst mit dem Bus zurück nach Mandraki, anschließend bei Sonnenuntergang und Dunkelheit für eine Stunde mit dem Schiff über das Meer. Ich habe diese gesamte Stunde damit verbracht, auf den Horizont zu starren, damit es mir trotz starken Seegangs nicht schlecht wird. Erschwerend hinzu kam, dass wir direkt in den Schiffsabgasen saßen und ein eisigkalter Wind wehte (gefühlt habe ich Anfang des Jahres im Schnee von St. Moritz weniger gefroren als hier auf Kos). So kann eine Stunde richtig lang werden…

Pflanzen auf Nisyros

Anschließend musste ich die Busfahrt zurück zum Hotel überleben, wo wir erst um 20:45 Uhr angekommen sind. Nach einem Zwischenstopp im Zimmer sind wir um kurz nach 21:00 Uhr beim bis um 21:30 Uhr angebotenen Abendessen erschienen, wo wir ausgesprochen unverschämt von einem Kellner angepflaumt wurden. Von wegen wie wir uns erlauben können, jetzt erst zum Essen zu erscheinen. Das hat mich wirklich maßlos geärgert, denn zum einen hatten wir noch über 20 Minuten Zeit zum Essen, zum anderen waren wir auf einem offiziellen Ausflug von TUI, genau der Veranstalter, der auch exklusiv dieses Hotel in Deutschland vertreibt. Also sollte es möglich sein, die Ausflüge so zu organisieren, dass man abends etwas zu Essen bekommt. Dem Faß den Boden aus schlug, dass nach uns eine Familie zum Essen ins Restaurant gekommen ist, die von einer Kellnerin zuvorkommend behandelt wurde. Es macht mich wütend, wenn Leute meinen, sie können einen von oben herab behandeln oder einen belehren, nur weil man jünger aussieht.

TUI hat sich als Reiseveranstalter hier allgemein nicht mit Ruhm bekleckert. Als unsere Abholzeit zum Flughafen bekanntgegeben wurde, haben wir uns direkt gewundert, warum wir nicht einmal zwei Stunden vor Abflug abgeholt werden sollten. Nun gut, man wirft mir immer vor, ich würde zu viel hinterfragen und alles am liebsten selbst in die Hand nehmen (Berufskrankheit), habe ich mich hier auf TUI verlassen. Es kam wie es kommen musste, wir sind erst kurz vor Beginn des Boardings am Flughafen angekommen, wo uns zwei Schlangen erwartet haben, die außerhalb des Flughafengebäudes geendet haben. Wir wurden von der TUI-Mitarbeiterin dazu aufgefordert, uns an der linken Schlange für Stuttgart und Basel anzustellen. Und dort standen wir. Und standen. Und standen. Da wir außerhalb des Gebäudes waren, konnten wir auch nicht erkennen, dass der Flug nach Basel erst viel später fliegen würde als der nach Stuttgart. Auch die Ansage einer weiteren TUI-Mitarbeiterin haben wir nicht mitbekommen, da diese es nicht für nötig befunden hat, auch dem Ende der Schlange Bescheid zu geben. Ich war trotzdem ruhig, da ich noch immer in der „TUI wird schon wissen, was richtig ist“-Stimmung war. Zum Glück ist M. früher aufgewacht als ich, und hat sich schließlich bei einer vorbeilaufenden Mitarbeiterin erkundigt, ob es überhaupt noch möglich sein würde, den Flug nach Stuttgart zu bekommen. „Was? Sie wollen nach Stuttgart? Aber es wurde doch durchgesagt, dass alle, die nach Stuttgart wollen, an der Schlange vorbeigehen sollen!“ Also uns hatte keiner Bescheid gegeben. Tolle Organisation von TUI. Wir (und ein weiteres Paar) sind an der Schlange vorbei gestürmt („Entschuldigung, wir müssen nach Stuttgart…“), haben in Windeseile unser Gepäck aufgegeben, der Typ am Schalter hat schon hektisch angefangen zu telefonieren, direkt zur Sicherheitskontrolle (die ein Witz war, wenn man sie mit dem Sprengstoffalarm von Frankfurt bei meinem Flug nach Helsinki vergleicht), auch dort an der Schlange vorbei und direkt zum Boarding. Erst da wurde mir bewusst, wie knapp das gerade war. Phew. Der Rest der Reise verlief reibungslos und wir kamen mitten in der Nacht wohlbehalten zurück in Stuttgart an.

Der Oberhammer kam am nächsten Tag: da haben wir durch Zufall herausgefunden, dass wir das Gepäck überhaupt nicht selbst zum Flughafen hätten mitnehmen dürfen, sondern es bereits vorab im Hotel hätten aufgeben müssen. Dann wäre es bei unserer Ankunft am Flughafen von Kos bereits eingecheckt gewesen, und wir hätten direkt zur Security-Kontrolle gehen können. Dass unser Hotel an diesem speziellen Modell teilnimmt, hat uns nur leider keiner mitgeteilt. Weder im Reisebüro noch vor Ort im Hotel. Auch in den offiziellen Reiseunterlagen, die mir als Verantwortlicher für die Reise ausgehändigt wurden, stand davon nichts. Ich habe in diesem Jahr bereits zwei selbstorganisierte Flugreisen nach Helsinki und Ljubljana gemacht und die verliefen absolut reibungslos. Wir waren immer pünktlich und kamen nie in Stress. Mindestens den gleichen Standard hätte ich von einer Pauschalreise auch erwartet.

Es war trotzdem ein sehr schöner Urlaub, der mir gezeigt hat, dass ich neben Wander- und Winterurlauben auch Sommer-Sonne-Strandurlaube mag. Wo es mich nächstes Jahr hin verschlägt? Keine Ahnung, ich bin für alles offen – so lange es mir gewisse Freiheiten lässt und keine Massentransporte beinhaltet.

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