|Leseliebe| „Free: der Cerro Torre, das Unmögliche und ich“ von David Lama

„Free: der Cerro Torre, das Unmögliche und ich“

David Lama
Sachbuch
Deutsch
4 Sterne (von 5 möglichen Sternen)

David Lama ist Österreicher, sein Vater stammt jedoch aus Nepal. Er war bereits in jungen Jahren extrem erfolgreich als Sportkletterer und hat in der Halle so ziemlich alles gewonnen, was es zu gewinnen gibt. Deshalb hat er bereits mit Anfang zwanzig beschlossen, dass neue Herausforderungen her müssen. Seitdem wandelt er sich vom Sportkletterer zum Alpinisten. Seine Spezialität ist das freie Klettern (dort wird das Seil nur als Sicherung und nicht zum Hinaufziehen benutzt) von bislang in diesem Kletterstil unerschlossenen Routen. Seine bis dato größte Herausforderung: der „Cerro Torre“, ein aufgrund seiner glatten und steil aufragenden Felswände außergewöhnlicher Berg im argentinisch-chilenischen Grenzgebiet. Wegen der für den „Cerro Torre“ üblichen, schwierigen Wetterbedingungen, wird es drei Sommer auf der Südhalbkugel dauern, bis er dieses Projekt vollenden kann. Außerdem muss er einen Shitstorm über den Ablauf der filmischen Dokumentation dieses Kletterprojekts und einige Diskussionen über die richtige „Kletterethik“ überstehen.

Ich habe bereits vor ein paar Jahren einen Bericht über David Lama im Fernsehen gesehen oder in einer Zeitung gelesen, ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Aber ich war fasziniert, von diesem außergewöhnlichen Sportler, der beinahe überirdisches Talent mit einem entsprechenden Ego vereint und trotzdem nicht unsympathisch auf mich gewirkt hat. Als ich im Juli das neueste Messner Mountain Museum in Südtirol besichtigt habe, wurde ich an David Lama und meinen Plan, eines seiner Bücher zu lesen, erinnert. Als ich vor ein paar Wochen eine größere Bestellung bei einem Internetbuchhändler zusammengestellt habe, ist auch dieses Buch über Lamas Abenteuer am „Cerro Torre“ in meinem Warenkorb gelandet.

Die Schilderung der ersten Bezwingung des „Cerro Torre“ im freien Kletterstil hat mir wirklich gut gefallen. Ja, das Buch ist eher umgangssprachlich und einfach geschrieben (was andere Rezensenten zu einem gehässigen „was will man von einem Schulabbrecher auch anderes erwarten“ veranlasst hat), aber genau das macht es für mich so authentisch, denn man glaubt zu jeder Sekunde, man würde David Lama selbst beim Erzählen lauschen.

Wer den großen, österreichischen Brausehersteller und dessen Sportförderung hasst, sollte lieber die Finger von dem Buch lassen, denn David Lama und seine Projekte werden just von dieser Firma gesponsert. Ich habe in meinem Leben noch nie einen Energydrink egal welcher Marke konsumiert, finde aber viele Projekte, die von besagtem Getränkehersteller angestoßen werden, sehr spannend. Und da es im Spitzensport unzählige Sponsoren und Mäzene gibt, kann ich auch nicht ganz verstehen, warum man sich ausgerechnet auf diese Firma so einschießt.

Obwohl ich selbst wahrscheinlich nie eine Kletterroute in Angriff nehmen werde und lieber bei „normalen“ Bergwanderungen bleibe, bei denen man sich nicht anseilen muss, habe ich mich bei den Beschreibungen von David Lama gefühlt, als würde ich mit ihm gemeinsam im Basislager sitzen oder dem Gipfel entgegenstreben. Ich fand es sehr spannend zu lesen, wie so ein Mammutprojekt in die Tat umgesetzt wird.

Ich finde David Lama auch als Persönlichkeit sehr spannend, denn zum einen hat er dieses unglaubliche Talent, zum anderen gehört er wie viele Hochbegabte auch zu den Getriebenen, die sich kein Privatleben gönnen und sich im Augenblick des Erfolges nicht völlig befreit freuen können, da sie in diesem Moment eher eine Leere denn völlige Euphorie spüren.

Die Ethik-Diskussion im Klettersport („Darf man Bohrhaken verwenden?“ „Darf man diese dauerhaft am Berg lassen?“ „Filmische Dokumentation um jeden Preis?“) fand ich ebenfalls interessant dargestellt. Sie wird von mehreren Seiten beleuchtet, und man kann auch erkennen, dass David Lama in diesem Bereich hinzugelernt hat. Er ist im Laufe der Zeit gereift, und man sollte m.E. nie vergessen, wie jung er eigentlich noch ist.

Durch dieses Buch hat sich definitiv bei mir der Wunsch verfestigt, einmal nach Chile und Argentinien zu reisen und mir die dortigen Berge anzuschauen.

 

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