Es gibt Bücher, die findet man während des Lesens gut, man freut sich, wenn man nach dem Buch greifen kann, um ein paar Seiten zu lesen, wenn man keine Zeit dazu hat, ist es aber auch nicht schlimm. Die meisten Bücher, die man das Jahr über liest, würde ich in diese Kategorie stecken. Aber dann gibt es diese Juwelen, die man nicht aus der Hand legen kann, weil man total gefesselt ist. Wo man sich auf jede Seite freut, die man lesen kann. Die Bücher, die einen die Existenz von Internet und TV vergessen lassen. Die einem mit einem wohlig, warmen Gefühl im Bauch zurücklassen. Bücher, in die man so richtig verliebt ist. Genau die Art Buch, weswegen ich lese, weil ich immer hoffe, ein solches Buch zu finden. So ein Juwel möchte ich Euch heute vorstellen.
„Paper Princess“
- Erin Watt
- The Royals Book One
- New Adult
- Englisch
- E-Book
- 4,5 Sterne (von 5 möglichen Sternen)
Seit dem Krebstod ihrer Mutter schlägt sich die 17jährige Ella Harper alleine durchs Leben. Sie möchte es um jeden Preis vermeiden, in einer Pflegefamilie zu landen, und träumt von einer Zukunft auf dem College. Für diesen Traum arbeitet Ella hart. Sie hält sich mit zahlreichen Nebenjobs über Wasser. Eines Abends taucht der Milliardär Callum Royal in dem Stripclub, in dem Ella arbeitet, auf und behauptet, ein Freund ihres verstorbenen Vaters und ihr Vormund zu sein. Er nimmt Ella mit zu sich nach Hause und stellt ihr seine fünf Söhne vor, die alle gleich gutaussehend, arrogant und unausstehlich zu sein scheinen. Trotzdem sticht Reed Royal für Ella von Anfang an heraus, denn er verhält sich besonders ablehnend gegenüber ihr – und sie fühlt sich besonders zu ihm hingezogen…
Es beginnt eine harte Zeit für Ella, denn sie ist zwar ihre Existenzängste los, muss aber feststellen, dass das Leben der Reichen und Schönen ein einziges Haifischbecken ist. So beginnt ein Überlebenskampf der ganz anderen Art für Ella.
Der erfahrene „New Adult“-Leser wird feststellen, dass die Storyline nicht gerade innovativ ist, bestehen doch ca. 1/3 des Genres aus Büchern, in denen sich die liebenswerte weibliche Hauptdarstellerin in ihren ständig schlecht gelaunten aber wahnsinnig gutaussehenden Stiefbruder verliebt. Für mich hat dieses Buch trotzdem funktioniert, denn diese altbekannte Idee wurde einfach wahnsinnig gut umgesetzt.
Das beginnt schon damit, dass Ella ein spannender Charakter ist. Ihr hartes Leben hat sie geprägt, weshalb sie sich nie unterkriegen lässt und ihren neuen Brüdern und den „rich kids“ an ihrer neuen, elitären High School immer Kontra gibt. Es macht wahnsinnig viel Spaß, die Geschichte aus ihrer Sicht zu erleben.
Was ihre Brüder betrifft, so fand ich großartig, dass nicht von Anfang an glasklar war, dass sie nur nach dem Motto „hart Schale, weicher Kern“ agieren, sondern dass man als Leser lange im Unklaren gelassen wird, ob sie wirklich so böse sind, wie sie auftreten. Reed steht hier natürlich im Fokus, wobei ich sagen muss, dass mir von allen Brüdern Easton am meisten an Herz gewachsen ist. Er hat diese besondere Art von Humor, die einen sogar verzeihen lässt, dass er ein totaler Womanizer ist. Bedingt durch die Jahreszeit hatte ich beim Lesen die ganze Zeit den norwegischen Langläufer Emil Iversen vor Augen… Die beiden jüngsten Brüder, die Zwillinge Sebastian und Sawyer (die mich persönlich an Fred und George Weasly erinnert haben), und der älteste Bruder Gideon waren nicht so präsent, lassen aber einiges an Potential für die zwei
weiteren Bände der Trilogie erahnen.
Neben den wirklich gut gezeichneten Charakteren – und hierbei rede ich nicht nur von Ella, den Brüdern und ihren Freunden und Feinden von der High School sondern auch von den Erwachsenen, bei denen sich noch schlimmere Abgründe auftun – macht „Paper Princess“ für mich so unwiderstehlich, dass es in vielen Punkten total unvorhersehbar ist. Es ist nie klar, wer die Guten und die Bösen sind, und was als nächstes passieren wird. Immer, wenn man denkt, dass die Geschichte in ruhigeres Fahrwasser gerät, kommt die nächste Intrige. Das erinnert an „Dallas“ oder „Denver Clan“, weshalb ich die Beschreibung als ‚Eiskalte Engel‘ von heute“ recht treffend finde. An der Stelle verschweigen wir besser, dass ich eigentlich zur ursprünglichen Generation „Eiskalte Engel“ gehöre (mich also noch daran erinnern kann, wie Reese Witherspoon und Ryan Phillippe miteinander verheiratet waren. Und nein, „Dallas“ oder „Denver Clan“ durfte ich nie schauen, dazu bin selbst ich zu jung…).
Das einzige, was mich gestört hat, ist der krasse Cliffhanger am Ende. Das hätten die beiden Autorinnen meiner Meinung nach nicht nötig gehabt. Im Übrigen hat dieser Cliffhanger auch dazu geführt, dass ich mich zunächst nicht wirklich getraut habe, den zweiten Band zu lesen…
Hinter dem Pseudonym Erin Watts verbergen sich übrigens zwei Autorinnen: Elle Kennedy (Autorin der Reihen „Off Campus“ und „Killer Instincts“) – von ihr habe ich auch schon Bücher gelesen – und Jen Frederick (Autorin der Reihen „Gridiron“ und „In the City“). Die „The Royals“-Trilogie ist bereits beendet und die Bücher sind auch auf Deutsch erhältlich bzw. erscheinen in Kürze.
Ich lege dieses Buch allen ans Herz, die dem Genre „New Adult“ offen gegenüberstehen, und die mal wieder so richtig in einer Welt voller Intrigen und Liebe abtauchen möchten. Mit der englischen Königsfamilie hat das Buch übrigens überhaupt nichts zu tun. Das war nämlich meine ursprüngliche Vermutung…
P.S.: Easton Royal gehört mir. Ihr müsst mit den anderen Brüdern vorlieb nehmen…