|Leseliebe| „Maria und das Ding mit dem Reinheitsgebot“ von Florian Herb

„Maria und das Ding mit dem Reinheitsgebot“

Florian Herb
Roman
Deutsch
3,5 Sterne (von 5 möglichen Sternen)
von einer Freundin geliehen bekommen

Das Buch stammt – perfekt zum Inhalt passend –  aus Oberstdorf. Dort wurde es prominent auf einem Tisch mit Literatur zum Thema Allgäu präsentiert.

Ried ist ein beschaulicher Ort im Allgäu, der aus seiner Bierruhe (kleiner Kalauer am Rande…) gerissen wird, als der Ministerpräsident des Freistaats auf die Idee kommt, das 700-jährige Dorfjubiläum für eine Wahlkampfveranstaltung zu nutzen. Als Gegenleistung bekommt Ried eine Umgehungsstraße. Dem Bürgermeister ist sofort klar, was oberste Priorität hat: ein gescheites Festbier muss her. Blöd nur, wenn der ortsansässige Brauer Alois Gschwend gerade selbst sein bester Kunde ist und in einer Art Sinnkrise steckt. Also setzen der Bürgermeister und die Landfrauen alle Hebel in Bewegung, um die vor über zwanzig Jahren nach Hamburg geflüchtete Brauereitochter Maria zurückzuholen. Passenderweise ist die gerade unglücklich in ihrer Ehe mit einem Hamburger Geschäftsmann. Da auch die Kinder aus dem Haus sind, gibt es nichts mehr, was Maria im hohen Norden hält, und sie lässt sich von den Landfrauen zurück ins heimatliche Allgäu begleiten.

Ein Buch wie ein Chiemgauer Volkstheater. Viel Lokalkolorit und viele sehr bayrische/allgäuerische Momente. Trotzdem hatte ich das Gefühl, man hätte aus der Geschichte mehr herausholen können. Zum Beispiel gibt es eine Fülle von Charakteren, die vom Umfang her beinahe gleichberechtigt agieren. Der Klappentext, der sich sehr auf die Brauereitochter Maria konzentriert, ist in der Hinsicht irreführend. Ihr Vater und der Bürgermeister mit seiner Frau sind genauso wichtig. Dazu kommen diverse sehr präsente Nebendarsteller wie die Landfrauen, der Tourismusbeauftragte oder die Brauereigehilfen. Durch diese große Anzahl an wichtigen Charakteren hatte ich manchmal das Gefühl, dass die Geschichten der einzelnen Personen nicht wirklich auserzählt werden. So wird z.B. ein gewisses Interesse vom Tourismusbeauftragten an Maria angedeutet, aber in keiner Weise weiterverfolgt.

Was mir hingegen gut gefallen hat, sind die hintersinnigen, manchmal ins satirisch gehende politischen Kommentare. Wie etwa die zwei störrischen Brauereirösser namens „Edmund“ und „Horst“. Auch der aktuelle, politische Bezug mit Flüchtlingen in der Turnhalle hat gut gepasst.

Das folgende Zitat möchte ich mir gerne merken:

„… und wünschte sich für wenigstens einen kurzen Moment die gute alte Zeit zurück. Wann auch immer die gewesen war.“

So viel zum Thema Nostalgie.

Aufgrund meines beruflichen Hintergrunds kann ich mir die folgenden zwei Anmerkungen nicht verkneifen:

„Zwar hatte der Heiler Korbinian die Fässer nicht bezahlt, jedoch beim Finanzamt bereits als Betriebsausgabe geltend gemacht – zumindest drei Viertel davon, das andere Viertel hatte er so unter der Hand verkauft.“

Das „schwarz“ verkaufte Bier ist natürlich steuerrechtlich nicht in Ordnung. Aber dass der Heiler Korbinian das Bier trotz noch nicht erfolgter Bezahlung als Aufwand in seiner Buchhaltung ansetzt, ist korrekt, fall er bilanziert. Nur im Falle einer Einnahme-Überschussrechnung wäre das nicht okay.

„Eilig klappte Maria den Rechner auf, öffnete die selbst programmierten Excel-Tabellen, mit denen sie die Buchhaltung ihres Mannes pflegte, löschte unwiederbringlich die Datensätze der vergangenen vier Buchungsjahre und begann stattdessen, die Daten ihres Vaters einzugeben.“

Eine Excell-Tabelle würde ich Maria nicht als Buchhaltungsprogramm empfehlen. Da man in Excel Dokumente jederzeit verändern kann, erfüllen sie nicht die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Buchführung.

Alles in allem kein perfektes Buch, aber auch kein Reinfall.

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