|Leseliebe| „Kluftinger“ – eine (liebevolle) Abrechnung mit der Reihe / Rezension

Eine Hassliebe in zehn Bänden

Der Kluftinger und ich, das war in den letzten knapp 15 Jahren manchmal auch eine Hassliebe. Kennengelernt habe ich den Klufti dank meiner Mutter, die mir bereits vor dem großen Hype um die Allgäu-Regionalkrimis den ersten Band „Milchgeld“ zu Weihnachten geschenkt hat. Ich hatte immer Spaß mit dem Klufti, trotzdem konnte mich nicht jeder Band zu 100% überzeugen. Dazu stand der eigentliche Kriminalfall manchmal zu sehr im Schatten der Comedy-Elemente. Und die waren mir ab und zu eine Spur zu klamaukig. Ich mochte es nie, wenn ich mich für den Klufti quasi fremdschämen musste, weil er sich mal wieder wie ein Elefant im Porzellanladen aufgeführt und kein Fettnäpfchen ausgelassen hat. Ich bin der Reihe trotzdem treu geblieben, was nicht zuletzt an den beiden Autoren selbst liegt. Die sind super sympathisch und witzig, und ich kann jedem nur raten, eine Lesung mit ihnen zu besuchen.

 

Rezension zu Kluftinger von Kobr und Klüpfel

„Kluftinger“

  • Volker Klüpfel & Michael Kobr
  • Kommissar Kluftinger #10
  • Krimi
  • Deutsch
  • 4,5 Sterne (von 5 möglichen Sternen)

Ein starker Auftakt

„Kluftinger“ ist ein ganz besonderer Band, denn es ist der Zehnte und somit ein Jubiläumsband. Aus diesem Anlass haben sich die Autoren etwas ganz Spezielles ausgedacht: im Mittelpunkt steht der Kommissar selbst, dem nach dem Leben getrachtet wird. Hiermit verrate ich keinen Spoiler, denn das kann man schon anhand des Covers erkennen. Auf dem befindet sich ein Grabkreuz, auf dem Kluftingers Name steht. Diesen Anfang empfand ich als extrem stark, denn den Autoren gelingt es perfekt, den „Spirit“ von Allheiligen zu treffen. Ich kenne diesen katholischen Feiertag aus dem „Effeff“ (sowohl als Ministrant als auch als Angehöriger auf dem Friedhof) und kann deshalb bestätigen, dass Harald Schmidt, der Allerheiligen bereits vor Jahren in seiner Show als „Friedhofsralley“ bezeichnet hat, den Nagel auf den Kopf trifft. Als guter Katholik versucht man an diesem Tag nämlich möglichst viele Gräber von Verwandten aufzusuchen. Und wenn man das Pech hat, dass die auf verschiedenen Friedhöfen liegen, ist ein gewisses strategisches Geschick und einiges an Fahrerei von Nöten. In diesen ersten Kapiteln zündet außerdem jeder Gag (ja, das passt trotz des nach Karfreitag meiner Meinung nach düstersten Feiertags wunderbar zusammen), und die Dynamik innerhalb der Familie Kluftinger wird perfekt transportiert. Und jeder, der wie Markus Kluftinger ein manchmal „bruddeliges“ Elternteil daheim hat, wird sich denken: ‚direkt aus dem echten Leben gegriffen!’…

 

Rezension zu Kluftinger von Kobr und Klüpfel

 

Eine Reise in die Vergangenheit

Für mich kann dieser zehnte Band auch in der Folge das hohe Niveau halten. Der Kunstgriff der beiden Autoren, dass man immer wieder in die Vergangenheit von Klufti reist, hat für mich super funktioniert. Gerade diese Kapitel fand ich sehr spannend, lernt man hier doch so einiges über den Kommissar, das man zuvor nicht wusste. Wer hätte z.B. gedacht, dass der Klufti einmal ein Technikfreak war, der von den älteren Kollegen belächelt wurde, weil er bei seinem Start als leitender Kriminalhauptkommissar auf so ein neumodisches „Klump“ wie ein Faxgerät bestanden hat? Auch kommt zum Vorschein, dass der Klufti ein genauso wenig harmonisches Verhältnis zu seinem Vater hatte, wie er es heute selbst zu Markus besitzt. Und natürlich DIE Sache überhaupt: der Vorname von Klufti – in den neun Bänden zuvor ein großes Geheimnis – wird verraten. Dazu muss ich sagen, dass ich es fast besser gefunden hätte, wenn der Klufti weiterhin „vornamenslos“ geblieben wäre. Irgendwie fand ich das Geheimnis um den Vornamen wunderbar mystisch und hätte das gerne so beibehalten. Auf der anderen Seite fehlt mir in meiner literarischen Karriere nun nur noch ein Vorname: der von meine Schwester Klaras Bruder…

Das Ende und ein Ausblick

Gegen Ende wurde die Suche nach dem Kriminellen, der Klufti nach dem Leben trachtet, für meinen Geschmack eine Spur zu chaotisch. Da hat mir der rote Faden gefehlt. Außerdem kam die Auflösung recht unspektakulär daher und ließ mich mit einem „und das soll es jetzt gewesen sein???“ zurück.

Deshalb habe ich einen halben Stern abgezogen, aber insgesamt hatte ich richtig, richtig viel Spaß mit diesem Jubiläumsband. Aus diesem Grund wäre es für mich auch der perfekte Abschluss der Reihe. Mir wäre es lieber, die Autoren wenden sich nun neuen Projekten zu, als dass sie den „Klufti“ zu Tode ausschlachten und die Serie irgendwann zu zu einem Langweiler verkommt (soll ja tatsächlich schon passiert sein…). Mit „In der ersten Reihe sieht man Meer“ haben Kobr & Klüpfel schließlich schon bewiesen, dass sie mehr können als nur den „Klufti“. Ich würde ihnen zudem durchaus zutrauen, dass sie sich ähnlich wie Andreas Föhr mit „Eisenberg“ ein zweites Standbein schaffen.

 

 

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