|Wanderlust| Travel Diary: St. Moritz zur Weltmeisterschaft im Ski alpin 2017 – Teil 1

Schneeparadies St. Moritz

Ich habe letzte Woche einige super schöne Tage in St. Moritz verbracht, was mir erneut gezeigt hat, dass die spontanen Entscheidungen häufig die besten sind (K., Du erinnerst Dich an unsere kurzfristige Buchung für die Eiskunstlauf-EM 2002 in Lausanne? Drei Hotelzimmer in einer Woche, aber es war eine geniale Zeit. Das Radieschen im Caipiroschka werde ich genauso wenig vergessen, wie übereifrige japanische Fans, die sich regelrecht zu Alexei Yagudin in den Aufzug geworfen haben).

Eigentlich stand die Ski-WM in St. Moritz überhaupt nicht auf meiner Agenda. Dann wurde ich jedoch darauf aufmerksam gemacht, dass man über Weihnachten auf Instagram Tickets für den Super G gewinnen kann. Wer möchte nicht die „norwegischte“ aller Disziplinen live sehen? Also habe ich an den Feiertagen ein kleines Gedicht über Felix Neureuther verfasst. Bestimmte Wörter, die man dafür verwenden musste, waren vorgegeben. Das Ergebnis bitte nicht ganz ernst nehmen und gedanklich ein fröhliches „Narri Narro“ an das Ende eines jeden Satzes anhängen. (Hoffentlich liest das Gedicht niemand aus meinem Heimatdorf, denn sonst muss ich künftig Büttenreden halten oder die „Schnitzelesbank“ zusammenreimen):

„Felix sitzt im Schnee voller Frust,

die letzten Rennen raubten ihm die Lust.

Zum Glück gibt es die weihnachtliche Pause,

er nutzt die Zeit für eine familiäre Sause.

In dieser Zeit baut Buddy ihn wieder auf,

und Felix kommt zurück mit einem Lauf,

im Slalom-Januar fährt er blitzschnell,

und sein Stern strahlt wieder super hell,

denn in Schladming, Kitz und Wengen,

lässt er die Bretter richtig brennen.

So steht er auf dem Stockerl ganz oben

und bringt seine vielen Fans zum Toben…“

Als ich am zweiten Weihnachtsfeiertag vom Familienessen zurückgekommen bin, kam in der Garage auf meinem Handy die Nachricht an, dass ich die Tickets gewonnen habe. Yay! Wen ich mitnehmen würde, war sofort klar, schwieriger war es, die verbleibenden, logistischen Dinge zu klären. Kann man in St. Moritz irgendwo zu einem vernünftigen Preis wohnen? Und wie viele Kilometer sind es eigentlich bis St. Moritz? Die Distanz stellte sich als unproblematisch heraus, unter 500 km, das fahre ich mit links (wohlgemerkt ICH, die mit 17 erst geheult hat, weil sie partout keinen Führerschein machen wollte und später, weil sie im ersten Anlauf durch die praktische Prüfung gefallen ist. ICH, die in den ersten Jahren weder Autobahn gefahren ist noch alleine getankt hat. Was kann ich sagen, der Mensch wächst mit seinen Aufgaben und mittlerweile weiß ich, dass ich aus jeder Stadt wieder herausfinde).

Das Suchen einer Unterkunft stellte sich als etwas komplizierter heraus. „Ich habe ein relativ günstiges Hotelzimmer gefunden! Ups, doch nicht, das war nicht der Gesamtpreis sondern nur der Preis für eine Nacht…“ Zum Glück gibt es Airbnb. Mit den dort angebotenen Wohnungen habe ich bereits in New York und Oslo gute Erfahrungen gemacht. Für St. Moritz gibt es da auch echt coole Unterkünfte, allerdings meist für größere Gruppen (= Skifahren mit der Clique), weshalb ich nur ein einziges passendes Angebot für zwei Personen gefunden habe. Super zentral gelegen und sehr günstig. Der Haken: die Einrichtung sah sehr … traditionell aus und die Gastgeberin hatte bislang keine Referenzen. Manchmal muss man einfach Risiko gehen und das Beste hoffen… Und was kann ich sagen, es ist voll aufgegangen. Die Gastgeberin war super nett und hat z.B. alle Hebel in Bewegung gesetzt, damit wir eine Einfahrtserlaubnis in die während der WM gesperrte Innenstadt bekommen. Außerdem war die Lage wirklich unschlagbar (falls sich jemand in St. Moritz auskennt, in einer Straße, die direkt vor der Nobeleinkaufsmeile abzweigt). Die Möblierung war zwar in echt nicht schöner als auf den Bildern (plus es gab einen Duschvorhang, was Personen, die schon einmal mit mir gereist sind, sofort als meinen persönlichen Alptraum identifizieren werden), dafür war es kuschlig warm und hatte das gewisse Retro-Feeling (und es ist nicht die hässlichste Ferienwohnung, von der ich jemals Bilder gesehen habe, denn die ist in Garmisch und wurde vor einigen Jahren von zwei Saarländerinnen angemietet).

Komischerweise stellte sich vor der Abreise keine rechte Vorfreude ein. Ich denke, das lag in der Spontanität dieser Aktion begründet. Außerdem fühlte ich mich nach meinem Weihnachtsurlaub noch immer erholt und aufgrund einer beruflichen Veränderung Anfang Januar top motiviert.

Ski von St. Moritz

Dienstag, der 07.02.2017

M. und ich sind gegen 8:30 Uhr losgefahren und die Fahrt hat ca. 5 Stunden gedauert. Trotz des morgendlichen Berufsverkehrs hatte es rundum Stuttgart keinen stockenden Verkehr, was an eine Wunder grenzt. Wir sind auf der Autobahn über Ulm in Richtung Bregenz, anschließend ein kurzes Stück durch Österreich (wofür wir trotzdem beim ADAC ein „Pickerl“ gelöst hatten), danach auf der Autobahn an Chur vorbei durch die Schweiz (Richtung San Bernadino. Zusätzlich gab es mehrfach Abzweigungen Richtung Lenzerheide, was mich zu der Überzeugung gebracht hat, dass alle Wege nach Lenzerheide führen…) und schließlich in Serpentinen den Berg hoch Richtung St. Moritz. Die Serpentinen haben mich echt geschafft. Trotz, dass ich der Fahrer war, habe ich mich den ganzen restlichen Tag wackelig gefühlt, und ich bin mir sicher, dass mir als Beifahrer furchtbar schlecht geworden wäre. Ich habe es als Training für einen Roadtrip durch Norwegen betrachtet, denn dort gibt es auch unendlich viele Serpentinen und Tunnels. Ich kann jetzt schon anmelden, dass ich den gesamten Roadtrip über fahren muss, denn ansonsten überlebe ich das nicht.

Nach Bezug unseres kleinen Apartments, machten wir einen ersten Erkundungsrundgang durch St. Moritz. Dabei ist mir sofort die überall vorherrschende WM-Stimmung aufgefallen. Kein Vergleich zu Garmisch 2011. Man begegnete an allen Ecken Ski-Fans, die die sonst für St. Moritz typischen „Schickimickis“ komplett verdrängt zu haben schienen. Also eher Funktionskleidung denn Pelzmäntel.

Blick auf St. Moritz
Blick auf St. Moritz

Eigentlich wollten wir zu Fuß zum Zielgelände laufen, das Vorhaben haben wir jedoch abgebrochen, da man hierfür zunächst unendlich viele Stufen hoch wandern muss (ich weiß jetzt, warum man in Zusammenhang mit St. Moritz von einem BERGdorf spricht…), um im Anschluss einen sehr rutschigen Trampelpfad zu erklimmen. An der Stelle haben wir abgebrochen, denn es war schlicht zu gefährlich (seit meinem schweren Rollschuhunfall zu Kindertagen bekomme ich Panik, so bald ich das Gefühl habe, dass ich ins Rutschen komme). Außerdem stand ab dem Moment die Entscheidung, dass wir an keinem Wettkampftag zu Fuß zum Zielgelände hochlaufen werden, denn dass ist in Winterbekleidung schlicht nicht möglich, da man zu sehr ins Schwitzen kommt (um anschließend beim Anschauen des Rennens zu erfrieren). Ich bin echt immer für zu Fuß gehen, aber das war hier definitiv keine Option.

Die Einfahrt nach St. Moritz-Dorf
Die Einfahrt nach St. Moritz-Dorf

Nachdem wir uns in der Wohnung frisch gemacht hatten, wollten wir eigentlich in einer Pizzeria zu Abend essen. Allerdings war diese bereits ausgebucht (womit wir an einem Dienstagabend nicht gerechnet hatten – also hätte sich meine übliche Verfahrensweise, bereits im Voraus alles durchzuplanen mal wieder bewährt…). Da ich an diesem Tag sowieso keinen richtigen Hunger hatte (wir erinnern uns an die Serpentinen…), haben wir uns in einem kleinen Pizza-Take-Away-Laden lediglich eine Pizzaschnitte geholt und dort gegessen.

An der Stelle möchte ich auch gleich mein Fazit zum Thema „ist die Schweiz überhaupt bezahlbar“ anbringen. Ja, es ist teurer als in Deutschland. Waschmittel für 12-15 Euro wird man in Deutschland vergeblich suchen. (Wobei das nicht nur am starken Franken und dem hohen Lohnniveau in der Schweiz liegt sondern auch am hart umkämpften Markt der Drogerieketten in Deutschland). Trotzdem gibt es Dinge, die nicht viel teurer sind als in Deutschland. Wenn ich in der Schweiz in einem Restaurant für 0,5 l Cola ca. 6 Euro bezahle, dann ist das nicht sehr viel mehr als 4,50 Euro für 0,4 l Cola in Deutschland. Natürlich schlägt eine Pizza für 18 Euro ordentlich ins Kontor, aber ich denke, wenn man alleine reist, kann man für ein Hauptgericht plus Getränk schon einmal 22 Euro bis 25 Euro bezahlen. Als Familie mit drei Kindern würde ich mir einen Trip in die Schweiz eher sparen… Mir haben alle Gerichte, die ich in der Schweiz gegessen habe, gut geschmeckt. Auch waren die Portionen reichlich. Da bezahle ich lieber etwas mehr, als dass es mir ergeht, wie damals in Lissabon, wo das Essen billig war, wir aber jedes Mal mit der Qualität Pech hatten, so dass mein Highlight der gesamten Reise ein Apfelkuchen bei „Starbucks“ war…

Das Hotel der Norweger - Crystal
Das Hotel der Norweger

Anschließend sind wir ein bisschen durchs abendliche St. Moritz spaziert. So haben wir auch gleich das sehr zentral gelegene Hotel des norwegischen Teams gefunden. Eigentlich ein sehr schönes Hotel – allerdings mit einem kleinen Fehler: es ist direkt gegenüber dem „Tiroler Berg“ (= das österreichische Haus während der Ski-WM), weshalb den ganzen Tag und die ganze Nacht über lautstarke Beschallung mit Stimmungsmusik vorherrscht. Wer da empfindlich ist, wird vermutlich kein Auge zu tun. Um Kjetil Jansrud habe ich mir in der Hinsicht wenig Sorgen gemacht, denn der ist zum einen das Schnarchen seines Zimmerkollegen Aksel Lund Svindal gewohnt, zum anderen kann er bekanntermaßen immer und überall schlafen (vor dem Start in Kitzbühel, in der Pause zwischen den Durchgängen im Riesenslalom bei den Olympischen Spielen in Vancouver…).

Edy im Kulm-Park
Edy im Kulm-Park

Im Kulm-Park, dem Ort der abendlichen Medaillenzeremonien, fand ein Konzert mit der Schweizer Band „77 Bombay Street“, die auch den offiziellen Song zur WM aufgenommen hat, statt. Obwohl wir zuvor noch nie etwas von dieser Band gehört hatten, hat uns beiden die Musik gefallen. War um einiges passender und interessanter als „Ich und Ich“ 2011 in Garmisch bei der WM…

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert

* Die DSGVO-Checkbox ist ein Pflichtfeld

*

Ich stimme zu