|Leseliebe| „Wir Kassettenkinder – eine Liebeserklärung an die Achtziger“ von Stefan Bonner und Anne Weiss

 "Wir Kassettenkinder - eine Liebeserklärung an die Achtziger" von Stefan Bonner und Anne Weiss

„Wir Kassettenkinder – eine Liebeserklärung an die Achtziger“

  • Stefan Bonner, Anne Weiss
  • Sachbuch
  • Deutsch
  • 4 Sterne (von 5 möglichen Sternen)

Dieses Buch und ich haben eine witzige, gemeinsame Vergangenheit. Als ich mich letztes Jahr vor der Frankfurter Buchmesse durch die Lesungen und sonstigen Veranstaltungen gearbeitet habe, ist mir auch die Lesung mit diesen beiden Autoren ins Auge gefallen und auf meine Liste gewandert. Ohne, dass ich vorher jemals etwas über das Buch gehört hatte. Tatsächlich habe ich nur das Ende des Auftritts von Stefan Bonner und Anne Weiss gesehen und konnte mir somit kein richtiges Bild machen. Deshalb ist das Buch bei mir auch in Vergessenheit geraden.

Als ich die Geburtstagsgeschenke von meinen Eltern ausgepackt habe, war da u.a. „Wir Kassettenkinder“ dabei, und ich habe mich sehr gefreut. Meine Mutter hat die beiden Autoren im TV gesehen und – völlig unabhängig von meiner Begegnung mit Stefan Bonner und Anne Weiss auf der Frankfurter Buchmesse – gedacht, dass dieses Buch perfekt zu mir passt.

Sie sollte recht behalten, denn ich habe dieses Buch an zwei Tagen verschlungen. Es hat einfach so viel Spaß gemacht, in meine Kindheit zurückzureisen…

Die beiden Autoren berichten in dem Buch aus ihrer eigenen Kinder- und Jugendzeit in den 80er Jahren. Sie gliedern ihre Erinnerungen in verschiedene Teilbereiche wie Fernsehen und Medien, politische Entwicklungen etc.

 

 "Wir Kassettenkinder - eine Liebeserklärung an die Achtziger" von Stefan Bonner und Anne Weiss

 

Das Buch kam zu seinem Titel, weil wir Kinder der 80er mit Kassettenrekordern aufgewachsen sind. Jeder von uns war im Besitz von Hörspielkassetten wie „Benjamin Blümchen“, „Bibi Blocksberg“ (= Bibi ohne Tina und Pferde) und „TKKG“ oder hat erste Moderationsversuche auf leeren Kassetten mit der Aufnahmetaste gestartet. Die Autoren hatten auch Kassetten mit den Liedern ihrer Lieblingsbands. Da macht sich mein Altersunterschied zu den beiden bemerkbar, denn ich habe hier bereits CDs und keine Kassetten mehr gekauft. Ähnlich ergeht es mir, wenn von Atari und Commodore berichtet wird. Damals war ich noch zu jung für einen Computer. Ich kann mich erinnern, dass meine Freunde mit Technik affinen Eltern bereits mit Windows 3.X und nicht mehr auf DOS-Basis gearbeitet haben. (Leider fiel insbesondere mein Vater nie in diese Kategorie, weshalb wir weder einen Computer noch einen Videorekorder und erst ab 1993 eine Satellitenschüssel hatten. Aktuell kämpft meine Mutter für einen Internetzugang und hofft darauf, dass die Telekom die analogen Anschlüsse abschafft und mein Vater so zwangsweise auf digital umsteigen muss).

Dass bereits wenige Jahre Altersunterschied in dem Zusammenhang eine große Auswirkung haben, geben die Autoren selbst zu. Auch erwähnen sie, dass sie nicht die Kompetenz besitzen, um über die 80er in der DDR zu schreiben.

Mir hat es trotzdem super viel Spaß gemacht, dieses Buch zu lesen und in Erinnerungen zu schwelgen. Vor allem in den Momenten, in denen die Autoren an Dinge erinnern, bei denen ich eigentlich der festen Überzeugung war, dass sie außer mir kein Mensch mehr kennt. Wie z.B. den Mehrteiler „Wilder Westen inclusive“, der Ende der 80er an Weihnachten in der ARD lief. Darin begibt sich eine deutsche Familie auf eine abenteuerliche Reise in die USA. Das eine oder andere Fettnäpchfen inklusive. Könnte die ARD ruhig bei Gelegenheit auf „One“ wiederholen…

Besonders gerne erinnere ich mich außerdem an die Werbung der 80er Jahre. Das waren noch Zeiten, als man mit der „Allianz“ unbesorgt in einen italienischen Tomatenstapel fahren konnte…

Daneben wird aufgezeigt, dass unsere Kindheit und Jugend einerseits wunderbar idyllisch und geborgen war, andererseits auch in den 80ern Katastrophen und Skandale an der Tagesordnung waren: kalter Krieg, gehäckselte Küken in Nudeln, hochgiftige Stoffe im Rhein, Tschernobyl und das Waldsterben – um nur einige zu nennen. Den größten Aha-Moment hatte ich hier beim Lesen, als die Autoren aufgezeigt haben, wie dämlich und unverschämt sich die CSU (inklusive des exklusiv zitierten Seehofers) bereits damals beim Thema AIDS verhalten hat. Die Themen sind andere geworden, der menschenverachtende Ton ist geblieben.

Die Welt stand also auch bereits in den 80ern am Abgrund. Es wäre nun interessant zu wissen, ob das trotzdem vorherrschende Gefühl der Geborgenheit von unserem damals jugendlichen Alter herrührt, oder ob wir mit dem zeitlichen Abstand vieles verklärt haben.

Ich kann das Buch allen, die ungefähr zwischen 1973 und 1985 geboren sind, ans Herz legen. Ich finde, „Wir Kassettenkinder“ eignet sich auch ganz wunderbar als Geschenk für Geburtstagskinder dieser Jahrgänge. Insbesondere für die, die einen runden Geburtstag feiern…

4 Kommentare

  1. 23. April 2017 / 10:48

    Hallo Stefka,
    was für eine wundervolle Rezension, was für ein interessantes Buch. Als ich deine Worte gelesen habe, wurde ich fast ein wenig nostalgisch. Ja, die Zeiten mit dem Kassettenrekorder kenne ich noch und ja, auch ich habe damals viele eigene Aufnahmen gestartet. Nicht selten musste mein Vater da mitmachen. Und auch Bibi Blocksberg und Benjamin Blümchen mussten mir Abends ihre Geschichten erzählen. Ach, das waren noch Zeiten.

    Vielen Dank für diesen wunderschönen Artikel.

    Ganz liebe Grüße
    Tanja :o)

    • 24. April 2017 / 19:54

      Das freut mich sehr, dass Dir meine Rezension gefallen hat. Ich freue mich total über jegliches Feedback, das mir zeigt, dass meine Artikel gelesen werden. Umso schöner, wenn jemand dadurch ein bislang unbekanntes Buch entdeckt.

  2. 27. April 2017 / 17:54

    Huhu Stefka,
    ich meine, dass ich das Buch schon mal irgendwo gesehen habe. Ich bin mir nicht sicher, ob ich auch schon eine Rezension dazu gelesen habe. Wenn ja, dann aber keine, die solche nostalgischen Gefühle bei mir ausgelöst hat. Ich bin in dem Moment richtig ins Grübeln geraten, was "damals" noch so alles anders war. Vielen Dank für dieses Gefühl, dass du mir mit deinem Artikel geschenkt hast :o)

    Ganz liebe Grüße
    Tanja

    • 27. April 2017 / 20:14

      Das freut mich wirklich sehr 🙂 . Mir ging es es letztes Jahr schon so, dass ich ganz wehmütig geworden bin, als die Allianz ihre alten Werbespots neu aufgelegt hat. Da musste ich mich über mich selbst wundern, schließlich war es "nur" Werbung…

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