|Leseliebe| „Kalte Asche“, „Leichenblässe“ und „Verwesung“ von Simon Beckett

 

Das gab es noch nie hier auf dem Blog: eine Dreifach-Rezension. Ich habe in den letzten Monaten die Bände 2 bis 4 der David-Hunter-Reihe von Simon Beckett gehört (ausgeliehen von einer Kollegin), und ich habe mich entschlossen, daraus einen und nicht drei verschiedene Blogeinträge zu basteln. 
 
Vorab muss ich anmerken, dass das Genre Thriller ein ziemlich neues für mich ist, denn um Thriller habe ich bislang einen großen Bogen gemacht. Etwas aus diesem Genre zu lesen, kam also einer Horizonterweiterung und einem Verlassen der Komfortzone gleich.

„Kalte Asche“

  • Simon Beckett
  • David Hunter #2
  • Thriller
  • Deutsch (Originalsprache: Englisch)
  • Hörbuch
  • ausgeliehen
  • 3 Sterne (von 5 möglichen Sternen)

Der Forensiker David Hunter wird auf die schottische Insel Runa gerufen, um eine verbrannte Leiche zu untersuchen. Da nur noch ein paar verkohlte Reste vorhanden sind, entpuppt sich die Identifizierung der Leiche und die Beantwortung der Frage, ob es sich um Mord oder einen Unfall handelt, als ausgesprochen diffizil. Erschwerend kommt hinzu, dass es sich bei Runa um ein gottverlassenes Stückchen Erde mitten im Ozean handelt, das im Laufe der Ermittlungen durch einen Sturm von der Außenwelt abgeschnitten wird. Als weitere Verbrechen geschehen, wird klar, dass sich ein Mörder auf der Insel herumtreibt. Verzweifelt versucht David Hunter diesen gemeinsam mit der örtlichen Polizei zu finden.

Vorneweg muss ich zugeben, dass ich mit diesem Buch ein bisschen daher komme „wie die alte Fastnacht“, denn der große Hype um David Hunter ist bereits ca. zehn Jahre her. Da ich kein besonders großer Fan von Thrillern bin, hatte ich nie das Gefühl, dass ich dieses Buch unbedingt lesen muss. Als mir das Hörbuch nun zum Ausleihen angeboten wurde, habe ich trotzdem zugegriffen, denn dadurch, dass ich aktuell beruflich regelmäßig Auto fahre, bin ich immer auf der Suche nach neuen Hörbüchern. Zum täglichen Radio hören gezwungen sein, wäre mein größter Alptraum…

Der Anfang von „Kalte Asche“ hat mir gut gefallen. Die Art und Weise, wie es Simon Beckett gelingt, die ganz eigene, raue und abgeschiedene Welt auf der Insel Runa aufzubauen, hat mich in ihren Bann gezogen. Auch fand ich die Untersuchungen von Simon Hunter an den verkohlten, menschlichen Überresten interessant und wissenschaftlich fundiert. Johannes Steck als Sprecher hat mich ebenfalls überzeugt, wohingegen ich auf die instrumentalen Klänge am Ende einzelner Kapitel gut hätte verzichten können. Das „Gedudel“ klang für mich befremdlich und unpassend.

Im letzten Drittel hat die Geschichte leider an Reiz verloren. Das lag vor allem an der plakativen Art und Weise, auf die der Autor versucht hat, falsche Spuren zu legen. Die Verdächtigen waren so mega verdächtig, dass für jeden geübten Krimileser sofort klar sein musste, dass sie nicht die Täter sein konnten. Das hat dazu geführt, dass mein Gehirn auf Hochtouren lief, um herauszufinden, wer stattdessen der Bösewicht sein könnte. Da es nur einen sehr überschaubaren Kreis an handelnden Personen gibt, war ich bereits von Anfang an auf der richtigen Spur – obwohl es sich um einen eher abwegigen Kandidaten für die Begehung eines Mordes gehandelt hat. Jedoch blieb im Ausschlussfahren quasi nur diese Person übrig. Ich habe folglich den Mordfall nicht durch im Buch versteckte Hinweise (Wer war wann wo? Wer war Rechts- oder Linkshänder? Wer hat sich durch Täterwissen verraten?) sondern durch mein Wissen um den Aufbau von Krimis (bei einer Prüfung würde man von „Klausurlogik“ sprechen) gelöst. Und das finde ich für so einen gehypten Bestseller ein bisschen schwach…

Eher unnötig ist in meinen Augen auch die finale Wendung der Geschichte, die in einen Cliffhanger übelster Sorte mündet. Was soll das? Wollte Simon Beckett hier sicherstellen, dass er einen weiteren Roman veröffentlichen darf?

 

 

„Leichenblässe“

  • Simon Beckett
  • David Hunter #3
  • Thriller
  • Deutsch (original: Englisch)
  • Hörbuch
  • ausgeliehen
  • 3,5 Sterne (von 5 möglichen Sternen)

Dieses Mal verschlägt es den forensischen Anthropologen David Hunter nach Tennessee. Er bildet sich dort bei seinem alten Lehrmeister Tom Lieberman fort. Während seines Forschungsaufenthalts wird in den Smokey Mountains in einer Jagdhütte eine stark verweste Leiche aufgefunden und der gesundheitlich stark angeschlagene Tom Lieberman bittet David Hunter um Mithilfe bei diesem Fall. David Hunter kämpft nun nicht nur um Anerkennung bei den ermittelnden Kriminalbeamten, die dem „beratenden“ Forensiker aus Großbritannien skeptisch gegenüberstehen, es tauchen außerdem weitere Leichen auf und plötzlich geht auch im Ermittlerteam die Angst um, denn der Mörder scheint es auf Mitglieder des Teams abgesehen zu haben…

Der Einstieg in die Geschichte hat mir wie schon beim Vorgängerband gut gefallen. Anders war dieses Mal, dass mich auch das Ende überzeugen konnte, da es weniger reißerisch gestaltet und nicht mit diversen „last minute“-Wendungen gespickt war. Den Täter konnte ich mit meiner bei Thrillern offensichtlich äußerst erfolgsversprechenden Ausschlussmethode bereits auf der vierten (von insgesamt sechs) CDs identifizieren. Irgendwie bekomme ich langsam den Eindruck, dass die Tätersuche in Thrillern weit weniger komplex ist als in Krimis.

 

Positiv aufgefallen ist mir, dass das „Gedudel“ am Ende von einzelnen Kapiteln stark eingeschränkt wurde. Ich könnte ohne Probleme auf jegliche musikalische Untermalung verzichten (wir sind hier schließlich nicht bei „Benjamin Blümchen“ oder den „Ampelmännchen“), aber es war zumindest im Vergleich zu Band 2 ein großer Fortschritt.

Für Leser, die wie ich im Genre Thriller nicht unbedingt zu Hause sind, möchte ich anmerken, dass auch dieser Fall einen gewissen Ekelfaktor beinhaltet. Man darf also nicht zu zimperlich sein, wenn man das Buch lesen möchte. Ich muss sagen, dass mir die detaillierten Beschreibungen von halbverwesten Leichen, auslaufendem Fett und Madenbefall gar nicht so viel ausgemacht haben. Irgendwie konnte ich diese Themen recht distanziert betrachten. Das wäre bei einem Film vermutlich anders gewesen, aber so hatte ich einen gewissen Einfluss auf die Bilder, die in meinem Kopf ablaufen.

David Hunter ist mir als Person mittlerweile recht sympathisch, und ich würde mir wünschen, dass der Autor ihm ein bisschen mehr Glück in seinem Privatleben zubilligt.

 

„Verwesung“

Simon Beckett
David Hunter #4
Thriller
Deutsch (original: Englisch)
Hörbuch
ausgeliehen
3,5 Sterne (von 5 möglichen Sternen)

Der vierte Band der David-Hunter-Reihe spielt auf zwei Zeitebenen, denn David Hunter wird von einem alten Fall aus der Vergangenheit eingeholt. Damals war er an den Ermittlungen gegen den Serienmörder Jerome Monk im abgelegenen Dartmoor beteiligt. Monk wurde einst als Mörder verurteilt, die Leichen seiner Opfer wurden jedoch in der weitläufigen Landschaft nie gefunden. Jetzt ist Monk aus dem Gefängnis geflohen und David Hunter kehrt nach Dartmoor zurück, um sich mit der damals ebenfalls an den Ermittlungen beteiligten Profilerin Sophie Keller auf eine Reise in die Vergangenheit zu begeben. Auf der Jagd nach dem auf den ersten Blick psychisch völlig gestörten und im Gesicht entstellten Monk trifft David Hunter nicht nur weitere Mitglieder aus dem damaligen nicht gerade harmonisch zusammenarbeitenden Ermittlungsteam, ihm kommen zudem langsam Zweifel, ob Monk so eindeutig als Mörder zu identifizieren ist, wie es damals schien…

Positiv anmerken kann ich bei „Verwesung“, dass ich – im Gegensatz zu den Bänden 2 und 3 – nicht so schnell auf der Spur des wahren Mörders war. Das lag vor allem an dem dieses Mal etwas weniger überschaubaren Täterkreis.

Ich habe zwischenzeitlich recherchiert, dass bei diesem Band kritisiert wurde, dass die Stimmung der Geschichte weniger mystisch und mit weniger grauslichen Details versehen sei. Für mich war der Schauplatz Dartmoor (bei dem ich unweigerlich an die gleichnamigen Ponys denken musste) nebulös genug und auf detailgetreue Schilderungen von Leichen und Verletzungen kann ich gut verzichten. Von daher fand ich diesen Band nicht bedeutend schwächer als die vorigen.

Wenig elegant und deshalb sehr unnötig ist meiner Meinung nach der Cliffhanger am Ende der Geschichte. Come on, das Telefon von David Hunter klingelt, er hebt ab – und Ende?! Und der nächste Band erscheint erst drei, vier Jahre später? Muss ich so etwas meinen Lesern unbedingt antun? Ich finde nicht.

Ich glaube, Thriller sind einfach nicht mein Genre. Früher habe ich gedacht, sie wären mir zu blutrünstig, zu gruselig, zu sehr darauf ausgerichtet, mir schlechte Träume zu bescheren. Hinsichtlich letzterem habe ich ein bisschen ein Kindheitstrauma, denn früher habe ich von allem schlecht geträumt. Von Märchen. Von Samson aus der „Sesamstraße“. Von „Neues aus Liliput“ aus dem „Sandmännchen“. Deshalb stellt es mir heute noch die Nackenhaare auf, wenn ich ein Bild vom „Räuber Hotzenplotz“ sehe. Mittlerweile habe ich eher das Gefühl, dass Thriller nichts für mich sind, weil mich der schematische Aufbau mit Hang zu Übertreibungen eher kopfschüttelnd den gruselnd zurücklässt. Wahrscheinlich bin ich einfach mehr „Team Krimi“ denn „Team Thriller“.

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