|Leseliebe| „Himmelhorn“ von Volker Klüpfel & Michael Kobr

„Himmelhorn“

Volker Klüpfel & Michael Kobr
Kommissar Kluftinger #9
Krimi
Deutsch
4 Sterne (von 5 möglichen Sternen)

Signatur von der Frankfurter Buchmesse

 

Nach meinem Aufeinandertreffen mit Klüpfel & Kobr auf der Frankfurter Buchmesse letzte Woche hatte ich richtig Lust, das neueste Buch der beiden endlich zu lesen. Also habe ich das Buch, das ich eigentlich Anfang dieser Woche begonnen hatte und das mich nicht fesseln konnte, abgebrochen und bin mit Klufti zumindest gedanklich aufs „Himmelhorn“gestiegen. An der Stelle sei erwähnt, dass das „Himmelhorn“ ein relativ unbekannter, aber dafür umso gefährlicherer Berg in den Allgäuer Alpen ist.

Ausgerechnet auf diesen sagenumwobenen Gipfel führt Klufti gemeinsam mit seinem „Nicht-Freund“ (auf diesen Beziehungsstatus legt Klufti großen Wert) Dr. Langhammer seine erste E-Bike-Tour. Dramatisch wird es, als sie eine abgestürzte Seilschaft bestehend aus einem bekannten Allgäuer Bergfilmer und zwei einheimischen Bergführern in historischen Kostümen auffinden. Außer Klufti glauben alle an einen Unfall mit tödlichem Ausgang, weshalb er einen großen Teil des Buches damit verbringt, das Gegenteil zu beweisen und sein Team zur Mitarbeit zu motivieren.

Als der Fall richtig in Gang kommt, kristallisieren sich zwei Ermittlungsrichtungen heraus: auf der einen Seite der verunglückte Bergfilmer Andi Bischof, der sich durch sein geschäftliches Gebaren einige Feinde gemacht hat. Auf der anderen Seite das ebenfalls getötete Bergführer-Brüderpaar, das in eine Jahrzehnte alte Nachbarschaftsfehde verstrickt ist, die Klufti in die schweigsame Welt der Bergbauern führt.

Daneben muss Klufti auch privat einige Turbulenzen überstehen: Sohn Markus und seine hochschwangere Yumiko sind bei Klufti daheim eingezogen, was zu Spannungen bei Klufti und seiner Frau führt, denn während er Yumiko betüdelt, schlägt sich Erika auf die Seite ihres Sohnes, der ihres Erachtens durch Studium und Vaterschaft in jungen Jahren (also mit um die 30…) viel zu schwer belastet ist. Außerdem entdeckt Klufti seine Leidenschaft für eine adlige Vorabendserie, er wird von seiner Frau genötigt, sich in die Ehe der Langhammers einzumischen, Kollege Strobl verleitet ihn zu Aktienspekulationen, er belebt seine alte Freundschaft zu einem früheren Bergkameraden (was dem Leser eine Ahnung verschafft, wie der ungeliebte Vorname von Klufti lauten könnte), kommuniziert  online mit seinem „Gegenschwieger“ und latscht in bekannter Manier von einem Fettnäpfchen ins nächste.

Ganz schön viel los in diesem neuesten Band, kein Wunder, dass es der bislang längste der Reihe ist. Leider kommt durch die ganzen Nebenkriegsschauplätze aus Kluftis Privatleben der eigentliche Krimi etwas zu kurz. Das sieht man schon allein daran, dass es fast 3/4 des Buches dauert, bis der Fall richtig in Fahrt kommt. Anschließend schwankt Klufti etwas unkoordiniert zwischen den oben erwähnten zwei Ermittlungsrichtungen hin und her, wobei mir relativ schnell klar war, wer der Täter sein musste.

Ja, ich weiß durchaus, dass bei einem Klufti-Krimi die diversen Ausflüge ins Privatleben des Kommissars Standard sind. Aber dieses Mal hat der Privatbereich für meinen Geschmack überhand genommen. Man könnte fast meinen, die Autoren hätten die eine oder andere Szene nur aufgenommen, weil sich diese bei ihrer Lesetour besonders gut machen wird. In dieser Hinsicht hoffe ich, dass die beiden im nächsten Band nach dem Prinzip „weniger ist mehr“ vorgehen und stattdessen der eigentliche Krimi in den Fokus rückt. Hier kann ich mir die Anmerkung, dass die Krimihandlung des neuesten Klufti mit „Die Stille der Lärchen“ von Lenz Koppelstätter oder „Eisenberg“ von Andreas Föhr nicht mithalten kann, nicht verkneifen. Diese Fälle sind wesentlich komplexer konstruiert und schaffen es, eine viel mystischere respektive bedrohlichere Atmosphäre zu schaffen. Ist ein bisschen wie beim „Tatort“. Klufti ist die Münsteraner Version, während Koppelstätter und Föhr eher den Münchner oder Wiener Tatort repräsentieren.

Trotzdem habe ich noch immer eine Schwäche für den Klufti und die Ideen seiner Autoren. Manche ihrer Seitenhiebe sind einfach großartig, wie etwa wenn Klufti unfreiwillig in eine Kinovorstellung von „50 Shades of Grey“ gerät, und er überzeugt ist, dass die männliche Hauptperson ein Audi-Händler sein muss, da er mit ständig wechselnden Modellen unterwegs ist. So viel zum Thema „Product Placement“ in Filmen… Außerdem hat mich begeistert, dass dieses Mal die Umgebung meines geliebten Oberstdorfs eine tragende Rolle gespielt hat. Da möchte man sich am liebsten sofort ins Auto setzen, um zu überprüfen, ob es im Oytal wirklich so gottverlassene Höfe gibt.

Zusammenfassend also 4 Sterne von mir, verbunden mit der Hoffnung, dass der nächste (Jubiläums-) Band der Reihe wieder ein echtes Highlight sein wird.

Am Anfang jedes Kapitel steht ein Originalzitat aus einem Gipfelbuch.

 

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