|Leseliebe| „Eskapaden“ von Martin Walker

"Eskapaden" von Martin Walker

„Eskapaden“

  • Martin Walker
  • Bruno Chef de Police #8
  • Krimi
  • Deutsch
  • Hörbuch
  • 4,5 Sterne (von 5 möglichen Sternen)

Dieser Fall rundum Bruno, den Chef de Police aus der Kleinstadt Saint-Denis (das mit der Kleinstadt erwähne ich an der Stelle, da viele Saint-Denis unweigerlich mit dem Pariser Stadtteil, in dem ein berühmtes Fußballstadion steht, in Verbindung bringen) im Périgord ist vor kurzem erstmals als deutsches Taschenbuch erschienen. Bislang habe ich alle sieben Vorgängerbände als Taschenbuch gekauft und gelesen, da ich mittlerweile jedoch aufgrund häufiger Autofahrten vermehrt zu Hörbüchern greife, bin ich bei bei „Bruno, Chef de Police“ auf das Hörbuch umgestiegen. Das ist untypisch für mich, denn wenn ich mich einmal für das Lesen oder das Hören einer Reihe entschieden habe, bleibe ich normalerweise dabei.

Hier kann ich gleich vorneweg schicken, dass ich den Umstieg nicht bereut habe. Zum einen, weil Johannes Steck als Sprecher eine sehr angenehm zurückgenommene Art zu lesen hat. Zum anderen, weil beim Hören die manchmal weitschweifigen Beschreibungen von Landschaft und Essen weniger ins Gewicht fallen, als wenn man selbst lesen würde.

Zu Beginn der Geschichte begegnet Bruno im Rahmen eines großen Festakts einem Idol seiner Kindheit, dem Patriarchen, der es im 2. Weltkrieg als unerschrockener Flieger zu Ruhm und Ehre gebracht und in späteren Jahren als Geschäftsmann ein Vermögen gemacht hat. Als ein Gast der Feier wenig später verstirbt, deutet zunächst alles auf den natürlichen Tod eines Alkoholikers hin. In Bruno keimen jedoch Zweifel auf und plötzlich sieht er sich mit Ermittlungen im Umfeld einer der einflussreichsten Familien Frankreichs betraut. Nebenbei muss er sich mit einer fanatischen Tierschützerin, passionierten Jägern und seinem Hang zu besonders starken und unabhängigen Frauen herumschlagen.

 

"Eskapaden" von Martin Walker

Dieser Krimi hat mir richtig gut gefallen. U.a weil wieder eine Verbindung zu einem geschichtlichen Ereignis besteht, aber nicht wie häufig zuvor zum 2. Weltkrieg sondern zum Ende des kalten Krieges. Das fand ich eine spannende Abwechslung, vor allem weil ich mich selbst ein wenig an diese Zeit erinnern kann und somit eine andere Verbindung zum kalten Krieg habe als zum 2. Weltkrieg.

Nebenbei erfährt man einiges über die Franzosen und ihr Verhältnis zur Politik. In Frankreich scheint noch mehr Wert auf das Äußere von Politikerinnen gelegt zu werden als in Deutschland. Man gewinnt den Eindruck, Angela Merkel wäre dort nie Kanzlerin geworden, weil ihr Kleidungsstil nicht elegant und ihre Frisur nicht modern genug ist. Dafür hatte ich bei der im Buch vorkommenden, aufstrebenden Politikerin die ganze Zeit Marie LePen vor Augen.

Merkwürdig fand ich auch die Einstellung der meisten Franzosen zu den „Grünen“, die dort eine belächelte Splittergruppe zu sein scheinen. Als wäre die Zeit vor Joschka Fischers Vereidigung in Turnschuhen als erster grüner Minister stehen geblieben. Dazu passt, dass im Buch eine fleischreiche Koste (inklusive Gänsestopfleber) und die Jagd sehr wichtig zu sein scheinen.

Ebenso interessante Ausführungen werden zum Thema „französischer Umgang mit Alkohol“ gemacht. Zwar wird ständig Alkohol konsumiert, da es sich hierbei aber überwiegend um reines Genusstrinken handelt, spielt exzessives Trinken nur im Falle des Verstorbenen eine Rolle (und der hat das in Russland „gelernt“).

In Brunos Liebesleben geht es turbulent zu wie eh und je. Er trennt sich (ich persönlich möchte „endlich!“ ausrufen, da ich von dieser Paarung noch nie begeistert war) von der Engländerin Pamela und stürzt sich direkt in eine Affäre, bei der er droht, mehr als nur seine Finger zu verbrennen.

Das Ende ist überraschend offen. Ich muss sagen, dass ich sehr erstaunt war, als das Hörbuch plötzlich zu Ende war. Ebenso hat mir ein Hinweis auf Brunos Liebelei mit der Amerikanerin aus „Provokateure“ gefehlt. In beiden Punkten hat es mir an der Auflösung von Erzählsträngen gemangelt.

Aber das sind wirklich nur kleine Kritikpunkte, denn ich hatte richtig Spaß beim Hören der „Eskapaden“. Was gibt es schöneres, als wenn man am Ende eines Buches sagen kann, dass man sich gedanklich im Périgord befunden und viel über Land und Leute gelernt hat.

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