|Alltagstrott| Schlaflose, olympische Nächte

Aksel Lund Svindal Olympiasieger in der Abfahrt

Was für ein emotionaler Tag war das gestern! Wahrscheinlich zu viel für meine Nerven, denn warum sonst sollte ich um 04:00 Uhr morgens hier auf meinem Bett sitzen und nicht mehr schlafen können, obwohl es eigentlich mein Plan war, heute wieder „normal lange“ (für einen Arbeitstag) zu schlafen und nicht wie in den Nächten zuvor gegen 04:45 Uhr aufzustehen, um vor der Arbeit Paarlaufen zu schauen.

Und dabei war es nicht das Eiskunstlaufen, das mich gestern so bewegt hat, sondern die Abfahrt der Herren. Seit 2007 – also seit nunmehr 11 Jahren – bin ich der größte Fan von Aksel Lund Svindal, den man sich vorstellen kann. Mit zwei Siegen im Gesamtweltcup, diversen WM-Titeln und einem kompletten Satz olympischer Medaillen gab es viele absolute Höhepunkte – aber auch tieftraurige Momente. Und hierbei rede ich nicht von verlorenen Rennen oder den medaillenlosen Olympischen Spielen von 2014 sondern von Horrorstürzen und Verletzungen, die seine Karriere hätten längst beenden können. Mindestens einer der Crashs beinahe auch sein Leben. Aber er kam immer wieder zurück. Und das ist vielleicht die größte Leistung seiner Karriere. Er hat sich nicht unterkriegen lassen, hat sich immer mit vollem Elan durch die zermürbende Reha gequält und sich vor allem nie die Liebe zum Skifahren nehmen lassen. Ich hatte wirklich in keiner Sekunde seiner Karriere den Eindruck, dass die Begeisterung für seinen Sport nachgelassen hat. Manches davon mag mit Glück zu tun haben – dem „Glück“, dass er auch nach den schlimmsten Stürzen keine mentale Blockade bekommen hat – aber den größten Anteil hat, davon bin ich überzeugt, seine gesunden Einstellung zum Sport und der Wille, trotz all seines Talents hart zu arbeiten.

Aksel Lund Svindal Olympiasieger in der Abfahrt

Ich habe seit der Saison 2006/07 jeden dieser Momente mit Aksel durchlitten. Wie oft saß ich da, und habe mich beinahe schlechter gefühlt als Aksel selbst, wenn es nicht so gelaufen ist, wie ich es mir vorgestellt habe. Ich habe wirklich mein ganzes Herz an jedes Rennen seiner Karriere gehängt. Und da kannte ich weder Freund noch Feind und konnte  mich auch mit Freunden in die Haare bekommen, wenn es mir nur um Aksel ging und mir alle Platzierungen von Nicht-Norwegern völlig egal waren.

Und dann kam gestern Morgen dieser Moment, wo ich um kurz vor 05:00 Uhr wach in meinem Bett saß, um die entscheidende Gruppe der Kür der Paare zu schauen, und mich nicht getraut habe, Facebook zu öffnen, um herauszufinden, wer die Abfahrt gewonnen hat. Irgendwann habe ich es doch gewagt und wenig später hatte ich Tränen in den Augen, weil Aksel diese eine Goldmedaille, die ihm noch gefehlt hat, endlich gewinnen konnte. Diese Goldmedaille, die ihn endgültig unsterblich macht und auf die ich seit den Olympischen Spielen 1994 für Norwegen (damals in der Person von Kjetil-Andre Aamodt) gewartet habe. Einer dieser Momente, die ich mein ganzes Leben lang nicht vergessen werde. Als Krönung gab es zusätzlich Silber für Kjetil Jansrud.

Aksel Lund Svindal Olympiasieger in der Abfahrt

Nicht-Sportfans werden den Kopf schütteln, aber das ist mir egal. Für mich bedeutet Sport so viel. Das geht auch an die Menschen in meinem direkten Umfeld, denen ich ansehe, dass ihnen ein „wenn man sonst keine Probleme hat“ durch den Kopf schießt, wenn ich mit ganzem Herzen an einem (fremden) Sportler hänge. Jeder Mensch hat andere Prioritäten. Und ich behaupte, dass ich so vielseitig interessiert bin, dass ich mir einen Sport-Spleen leisten kann, ohne eindimensional zu wirken.

Auch über die Abfahrt der Herren hinaus, war das gestern ein Sporttag, den ich nie vergessen werde. Im fünften Anlauf endlich Gold für die von Ehrgeiz zerfressene Aljona Savchenko, Silber im Riesenslalom für Ragnhild Mowinckel (die erste alpine Medaille bei den Damen für Norwegen seit 1936) und schließlich Gold für Johannes Thignes Bø, kombiniert mit der vielleicht schönsten Liebeserklärung unter Brüdern EVER. Manchmal kann man nämlich richtig viel von Sportlern lernen. Z.B. wie echte Bruderliebe aussieht, wenn sich Tarjei Bø vorbehaltlos mit seinem Bruder freut, obwohl er selbst beim letzten Schießen eine Medaille weggeworfen hat, und Johannes wiederum meint, dass sein Bruder Gold mehr verdient hätte, als er selbst. Oder eben von Aksel, der in all den Jahren immer ein fairer, freundlicher und kluger Sportsmann war, der über den Tellerrand seiner Sportart hinausgeblickt hat. Sollte dieses Saison wirklich seine letzte sein, weiß ich jetzt schon, wer beim Weltcup Finale mit Tränen in den Augen vor dem TV sitzen wird… <3

3 Kommentare

  1. 25. Februar 2018 / 10:59

    Ich finde es super, dass du da so begeistert und leidenschaftlich bei bist <3
    Es wäre wünschenswert, wenn sich die Leute einfach mal um sich selbst kümmern, statt deine Interessen zu belächeln und ich würde mir sehr wünschen, dass Menschen grundsätzlich wieder begeisterungsfähiger würden.

    Liebe Grüße!
    Nicci

    • glimrende
      Autor
      25. Februar 2018 / 21:10

      Hi Nicci,
      begeisterungsfähig bin ich auf alle Fälle 🙂 .

      Mich nervt, wenn es so dargestellt wird, als sei man irgendwann zu alt für „Fandoms“. Dafür ist man m.E. nie zu alt. Dafür will ich gar nie zu alt sein 😉
      Viele Grüße,
      Steffi

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